Haftverschonung für Kinder und Mütter

In Nordrhein-Westfalen sollen künftig Kinder und Mütter von Kleinkindern nicht mehr in Abschiebehaft genommen werden. Haft für andere Asylsuchende maximal drei Monate  ■ Aus Düsseldorf Walter Jakobs

Das nordrhein-westfälische Innenministerium will künftig alle Ausländerämter anweisen, „hochschwangere und stillende Frauen, Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren, Mütter mit Kindern unter 7 Jahren (Kleinkinder), sowie Kranke und Verletzte“ von der Abschiebehaft auszunehmen. Das steht in einem der taz vorliegenden dreiseitigen Papier – „Eckpunkte eines Erlasses über den Vollzug der Abschiebehaft“ –, mit dem sich nun die Regierungsfraktionen im Düsseldorfer Landtag beschäftigen müssen. Mütter kleiner Kinder und hochschwangere Frauen waren in der Vergangenheit zum Beispiel in Gütersloh und Neuss inhaftiert worden.

Die Ausländerämter sollen künftig zudem die Abschiebehaft „regelmäßig zunächst für höchstens drei Monate beantragen“. Ausnahmen sind möglich, müssen aber dem Innenminister berichtet werden. Haftverlängerungen über drei Monate hinaus soll es in Zukunft dann nicht mehr geben, „wenn der Ausländer evtl. Verzögerungen beim Vollzug der Abschiebung nicht zu vertreten hat und sich eine dritte Person, die das Vertrauen des Abschiebehäftlings und der Ausländerbehörde genießt, um die Belange des Ausländers außerhalb der Haft kümmern will“. Zur Zeit sitzen in NRW etwa 600 Menschen in Abschiebehaft. Die durchschnittliche Haftdauer beträgt nach Auskunft des Innenministeriums 30 Tage. Vor allem Algerier, Inder und Libanesen werden oft länger eingesperrt: Algerier bis zu neun Monaten.

Mit „Auslegungshinweisen und Erläuterungen“ zu den unbestimmten Rechtsbegriffen im Ausländergesetz will die rot-grüne Landesregierung darüber hinaus jene Ausländerbehörden, die besonders schnell mit einem Haftantrag zur Hand sind, einige Fesseln bei ihrer Entscheidung über das Vorliegen eines Haftgrundes anlegen. Roland Appel, Fraktionssprecher der Grünen im Landtag, erklärte gestern der taz, bei den „Eckpunkten“ handele es sich um ein noch nicht abschließend beratenes „internes Papier“. Über die endgültige Formulierung des Erlasses müsse noch verhandelt werden. Weil sich der Vorschlag aus dem Innenministerium relativ eng am Koalitionsvertrag orientiert, dürften die Grünen weitergehende Forderungen indes nur schwer durchsetzen können. Appel erhofft sich von der vorgesehenen restriktiven Auslegung der Abschiebehaftvoraussetzungen einen deutlichen Rückgang bei den Inhaftierungen.

In dem grünen Sofortprogramm zur Landtagswahl hieß es zwar noch apodiktisch: „Abschiebehafthäuser sind zu schließen“, doch der Umsetzung standen neben dem Koalitionspartner auch bundesgesetzliche Vorschriften im Wege. Im Koalitionsvertrag steht deshalb, daß Abschiebehaft in NRW von den Ausländerbehörden nur in den Fällen beantragt werden soll, „in denen keine andere Möglichkeit besteht, den bundesgesetzlichen Vorgaben zu entsprechen“. Die SPD folgt dabei allerdings nicht nur widerwillig den Bonner Gesetzesvorschriften, sondern sie hält nach den Worten des Düsseldorfer Innenministers Kniola das „Rechtsinstrument Abschiebehaft auch weiterhin für unverzichtbar“. Auch im Novellierungsvorschlag der SPD-Bundestagsfraktion zum Ausländergesetz bleibt die Abschiebehaft unangetastet.