Die Kopfstütze aus Kokosfasern

■ Amazonien will verstärkt nachhaltiges Landwirtschaften fördern und setzt auf den Etagenanbau – noch fehlt das Geld

Bonn (taz) – „Der Kampf gegen die Armut und für eine intakte Umwelt gehören untrennbar zusammen.“ Das ist der Tenor des Programms, mit dem Nilson Pinto Oliviera, Minister für Umwelt, Wissenschaft und Technologie im brasilianischen Amazonien, derzeit durch Deutschland reist. Oliviera ist zusammen mit einer Delegation der Bundesuniversität Amazoniens auf Einladung der Heinrich-Böll-Stiftung in Deutschland. Sie suchen bei Regierungen und Gemeinden Unterstützung für den Ausbau bestehender Projekte und wollen die Zusammenarbeit mit deutschen Industriebetrieben verstärken.

Der Minister konzentriert sich dabei zunächst vor allem auf Projekte, in die die Kleinbauern des Amazonasgebietes einbezogen werden. „Ein Drittel der Zerstörung des Regenwaldes wird durch die Kleinbauern verursacht“, so Oliviera. Wanderfeldbau und Brandrodung müßten aufhören. „Vorbildlich“ dafür sei das Projekt Poema, meinte Michaele Hustedt, energiepolitische Sprecherin der Bündnisgrünen. Poema ist ein Forschungs- und Handlungsprogramm, das die Alphabetisierung der Bevölkerung, Effizienzsteigerung des agrarischen Anbaus und vor allem die Verarbeitung und Vermarktung von Naturprodukten vorantreibt.

Wie tradtionell bei manchen Indianervölker wird in Etagen angebaut: Bodenpflanzen, Strauchfrüchte und Obstbäume gleichzeitig auf einem Feld. Die Anschubfinanzierung für vier Gemeinden hatten vor drei Jahren Unicef und Daimler-Benz übernommen, jetzt beginnt die Projektphase, und es fehlt an Geld und Auftraggebern. Dabei ist die Methode erfolgreich, über 100 Gemeinden ahmen das Modell nach.

Wesentlicher Bestandteil der Projekte ist auch die Nutzung landwirtschaftlicher Produkte für die Industrie. Mit Daimler-Benz hat man in der Vergangenheit schon kooperiert (Kopfstützen aus Kokosfasern wurden im Rahmen des Poema-Projekts für Lkws entwickelt), auch mit der britischen Naturkosmetikfirma Body-Shop gibt es eine Zusammenarbeit. Jetzt sucht man in Deutschland nach neuen Partnern.

Die Bundesregierung hat, nach den Worten von Michaele Hustedt, dem Projekt bislang ihre Unterstützung mit der Begründung verweigert, daß nur reine Umweltschutzprojekte oder reine Sozialprojekte unterstützt würden. Ein Projekt, das beide Aspekte miteinander verbindet, falle durch den Rost. Die Bündnisgrünen wollen das Projekt aber erneut zur Förderung vorschlagen und sind zuversichtlich, daß im Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit „ein Umdenkprozeß begonnen hat“. Volker Weidermann