Das große Geld tagt in Washington

■ IWF und Weltbank sorgen sich um die hohen Schulden armer Länder und der USA, sehen insgesamt aber das Wachstum der Wirtschaft nicht gefährdet. Deutschland als Musterknabe Europas

Bonn/Washington (taz/rtr) – Durchwachsen wie Bauchspeck ist die Lage der Weltwirtschaft nach Ansicht des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbank. Die beiden wichtigsten internationalen Finanzorganisationen rufen diese Woche zu ihrer Jahrestagung in die US-Hauptstadt Washington. Weil weltweit in Dollar abgerechnet wird, liegen die Umsätze und damit das Wachstum in Japan und Deutschland niedriger als erwartet. Und die Ursachen der Dollarschwäche sind unverändert: Das Handelsbilanzdefizit der USA liegt in diesem Jahr bereits bei 190 Milliarden Dollar, während im Gegensatz dazu Japan für 135 Milliarden mehr aus- als eingeführt hat.

Die Deutschen dienen im Weltwirstschaftsbericht des IWF als „gutes Beispiel für Europa“, weil sie ihren Haushalt erfolgreich konsolidiert hätten. Die deutsche Wirtschaft wächst laut Bericht 1996 um 2,9 Prozent. Kritisiert wurden die Franzosen, weil trotz Steuererhöhungen noch beträchliche Lücken im Etat blieben.

Die leichte Schwäche in den klassischen Industriestaaten wird jedoch durch die boomenden asiatischen Länder ausgeglichen. Ihre Wirtschaft wächst im nächsten Jahr laut Prognose bis zu elf Prozent. Als zweite Wachstumsregion gilt Mittel- und Südamerika mit vier Prozent. Für die nächsten Jahre ist der IWF auch deshalb optimistisch, weil Inflation und Zinsen weltweit auf das niedrige Niveau der 60er Jahre gesunken sind. Erstmals seit dem Zusammenbruch des realexistierenden Sozialismus könnten 1996 auch die Mehrzahl der Länder des ehemaligen Ostblocks wachsende Produktion melden, so der IWF.

Als Folge der mexikanische Finanzkrise wollen IWF und Weltbank nun einen härteren Kurs mit ihren Mitgliedsländern fahren. Letzen Winter wurden kurzfristig zehn Milliarden Mark zur Verfügung gestellt, um den völligen Zusammenbruch des mexikanischen Finanzmarktes und ein Übergreifen der Krise auf andere Staaten zu verhindern. Seitdem hatten sich die reichen Länder vorgenommen, die Mitglieder des IWF besser zu überprüfen. Einige Staaten weigern sich aber oder sehen sich außerstande, ihre Wirtschaftsdaten regelmäßig zu erfassen und an den IWF zu übermitteln. Die Industriestaaten erwägen nun nach deutschen Angaben als Drohung eine „Positivliste“, in der alle Staaten aufgeführt sind, die wie gewünscht mit dem IWF zusammenarbeiten. Andere Länder könnten wohl kaum mit neuen Krediten rechnen.

Vor allem die ärmsten Staaten haben jedoch an ihren derzeitigen Krediten zu kauen, die in manchen Fällen die Höhe des Bruttosozialprodukts übersteigen. Die Weltbank hatte einen elf Milliarden Dollar schweren Hilfsfonds angeregt. Die Regierungen Deutschlands und Großbritanniens lehnten den Vorschlag gestern jedoch erneut ab. Er sei „nicht realistisch“, so Finanzminister Waigel. Bei der angespannten Haushaltslage der Geberländer würde das Geld nur bei anderen Entwicklungshilfeprojekten fehlen. rem