Bloß kein Blech bitte

■ Die Bürgerrechtlerin Köppe will keinen Verdienstorden

Die frühere Bundestagsabgeordnete Ingrid Köppe will keinen Orden. Recht hat sie! Wofür auch? Bundespräsident Roman Herzog wollte die Bürgerrechtlerin am Sonntag in Leipzig als eine der Personen würdigen, „die mit ihrer friedlichen Revolution die Wende in der DDR bewirkt und vorangetrieben haben“. Ingrid Köppe sollte also wegen ihrer Haltung vor und während der Wende ausgezeichnet werden. Aber gerade ihre Haltung ist es, die der Bundestagsabgeordneten nach der Wende im vergangenen Jahr bei der Bonner Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren wegen Geheimnisverrates und in ihrer Berliner Wohung vor wenigen Tagen zum zweiten Mal eine Hausdurchsuchung beschert hat.

Als einzige hat Köppe im „Koko- Ausschuß“ der letzten Legislaturperiode beharrlich versucht, auch die Rolle westdeutscher Firmen und Geheimdienste im grenzüberschreitenden Wirtschaftsimperium des DDR-Devisenbeschaffers Schalck-Golodkowski aufzuklären. Drei Jahre mühte sie sich damit ab, um dann kurz vor Fertigstellung des Abschlußberichtes feststellen zu müssen, daß vieles von dem, was der Ausschuß zu Tag förderte, dem Bundesnachrichtendienst und der Bundesregierung viele Jahre zuvor bereits bekannt gewesen ist. Um festzustellen, daß die verschiedenen Bonner Regierungen das eigene Wissen über den DDR-Embargobruch verschleiert hatten und aus „geheimdienstlicher Taktik“ heraus nichts dagegen unternommen hatten.

Die Ausschußmehrheit dankte dem engagierten Mitglied die Arbeit in besonderer Weise. Köppes abweichender Bericht, der detailliert auch die gewinnträchtigen wie illegalen Geschäfte diverser Ost-West-Seilschaften auflistete, erhielt kurzerhand einen dicken roten Geheimhaltungsstempel. Die von den Altparteien so oft beschworene Vergangenheitsbewältigung endete wieder einmal an der alten deutsch-deutschen Demarkationslinie: die ostdeutschen Schweinereien dürfen und sollten aufgedeckt werden, westdeutsche Beihilfe aber bittschön nicht.

Als der Bericht dann trotz verfügter Geheimhaltung verschiedenen Medien zugespielt wurde, ist das prompt der Verfasserin in die Schuhe geschoben worden, ein Ermittlungsverfahren und Hausdurchsuchungen folgten.

Kein Wunder also, daß sich Ingrid Köppe einigermaßen verdutzt die Augen reibt, und es mit einem „Nein danke“ aus tiefem Herzen von sich weist, ein bißchen Blech von Roman Herzog an die Brust geheftet zu bekommen. Wolfgang Gast