Wer zu spät kommt, den bestraft der Dreck

■ Weil Finanzsenator Pieroth (CDU) Ansprüche zu spät anmeldete, muß Berlin 17 Mio. Mark für Grundstück ausgeben

Ein Versäumnis von Finanzsenator Elmar Pieroth (CDU) kostet das Land Berlin jetzt mehrere Millionen Mark. Damit das Land Berlin ein ihm gehörendes Grundstück endlich in Besitz nehmen kann, muß der Senat 1,75 Millionen Mark zahlen. Schlimmer noch: Weil ein Recycling-Unternehmen das mehrere Hektar große Gelände in Pankow seit 1991 als Bauschuttdeponie nutzte, muß Berlin nun auch noch 15 Millionen Mark für die Sanierung des Grundstücks aufbringen.

Nach Ansicht von Finanzsenator Pieroth hat die Treuhand 1991 unter falschen Voraussetzungen ein mehrere Hektar großes Areal in Pankow an die Brennstoffhandel Berlin GmbH verkauft. Das Grundstück gehörte seit 1900 als Stadtgut zum Eigentum Berlins und war zu DDR-Zeiten im Besitz des Volkseigenen Guts Tierproduktion Berlin gewesen.

Zwar entschied das Verwaltungsgericht im Dezember 1994, daß das Gelände an das Land Berlin rückübertragen werden muß, doch jetzt muß das Land Berlin für unwillkommenene Hinterlassenschaften des letzten Besitzers aufkommen. Die im Sommer 1994 in Konkurs gegangene Firma Stiba Recycling GmbH hat auf dem Gelände 420.000 Tonnen Bauschuttrückstände aufgehäuft, deren Beseitigung den Steuerzahler rund 15 Millionen Mark kosten wird.

Damit auf dem Gelände zügig mit dem Bau eines Bauschuttrecycling-Centers begonnen werden kann, hat die Senatsverwaltung für Bau- und Wohnungswesen mit dem Konkursverwalter einen Vergleich abgeschlossen. Im Gegenzug für den Verzicht des Konkursverwalters auf einen Widerspruch gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zahlt das Land Berlin 1,75 Millionen Mark.

Denn Zeit ist Geld: Der Rechtsstreit hätte den Baubeginn des dort geplanten Baustoff-Recycling- Centers um mindestens zwei Jahre verzögert. Dann gingen auch die 30 Millionen ECU verloren, die die Europäische Union für das Projekt zur Verfügung stellt.

In dem Vertrag mit dem Konkursverwalter, der der taz vorliegt, wird diesem auch in Aussicht gestellt, daß die Bauverwaltung ein Ermittlungsverfahren wegen Verstoßes gegen das Abfallgesetz einstellen wird. Bei den Ermittlungen der Bauverwaltung habe es sich seinerzeit lediglich um einen „Warnschuß“ gehandelt, erklärte der zuständige Abteilungsleiter Bernd Misch dazu.

Misch erklärte, das Land Berlin versuche weiterhin, aus der Konkursmasse einen Teil der Entsorgungskosten zurückzubekommen. Doch die Aussichten schätzte Baustaatssekretär Frank Bielka schon vor dem Hauptausschuß des Parlaments als „äußerst gering“ ein.

Angesichts derartiger Privatisierung von Gewinnen und der Vergesellschaftung von Verlusten drängt die bündnisgrüne Abgeordnete Michaele Schreyer darauf, zu prüfen, wie die Haftung des früheren Nutzers durchgesetzt werden kann.

Möglicherweise hätte aber Finanzsenator Elmar Pieroth (CDU) das Milliardenloch im Berliner Haushalt selbst verhindern können. Wie die taz bereits im Februar 1992 berichtete, wußte Elmar Pieroth als damaliger Ostberliner Wirtschaftsstadtrat von den Verkaufsverhandlungen und befürwortete sie.

Dennoch meldete Pieroth in seiner Eigenschaft als Finanzsenator den Restitutionsanspruch erst im Juli 1991 an, also nachdem das Grundstück im März 1991 verkauft worden war. Pieroth erklärte damals, die Treuhand habe das Grundstück „ohne Berücksichtigung unseres Antrages zugeordnet“. Dorothee Winden