Abschiebung in den Sudan erlaubt

■ Bundesverfassungsgericht begründet sein Eilurteil

Frankfurt/Main (taz) – Pro Asyl hat sich gestern empört über die am Wochenende bekanntgewordenen Urteilsbegründung des Bundesverfassungsgerichts (BVG) geäußert. Dessen Entscheidung im Eilverfahren hatte zur Folge, daß im September sieben Sudanesen nach einem Hungerstreik in einer Nacht-und-Nebel-Aktion in ihr Heimatland ausgeflogen worden waren.

Das Urteil stützt sich vor allem auf die Zusagen des Sudan, daß den Männern keine politische Verfolgung oder sonstige Gefahr drohe. Und wenn doch, so die RichterInnen, sei dies nicht ihre Sache, sondern die der Bundesregierung, die die Zusagen ausgehandelt hatte. Pro-Asyl-Sprecher Heiko Kauffmann rügte den Drehtüreffekt, den eine solche Argumentation habe. Aus „Tagesopportunismus“ werde aufeinander verwiesen und die Verantwortung „zum Nachteil gefährdeter Flüchtlinge“ wechselseitig zwischen Bonn und Karlsruhe hin und her geschoben. Einer Diktatur wie dem Sudan, die „wegen ständiger Mißachtung und Verletzung der Menschenrechte international am Pranger“ stehe, dürfe nicht getraut werden.

Das BVG sah dagegen keine Gefahr der Repression gegen die Männer. Daran ändere auch die Publizität nichts, die der Fall bekommen habe. Das Gericht bezog sich vor allem auf Stellungnahmen des Auswärtigen Amtes, das berichtete, die sudanesische Regierung sei, auch durch die Freilassung politischer Gefangener im August, „bemüht, ihr schlechtes menschenrechtliches Bild zu verbessern“. Eine vom Gericht erbetene schriftliche Zusage wurde, obwohl sonst im Sudan nicht üblich, am Nachmittag vor der Abschiebung als Verbalnote nachgeliefert. Dies sei, so das BVG, „eine völkerrechtlich verbindliche Erklärung“. Es müsse sich im übrigen auf die Bundesregierung verlassen, die „über die notwendigen Kenntnisse vor Ort“ verfüge und deshalb „für ihre Entscheidung die politische Verantwortung“ trage. Durch Hungerstreiks oder „ähnliche die allgemeine öffentliche Aufmerksamkeit erregende Aktionen“ dürfe außerdem kein Präzedenzfall geschaffen werden.

In ihrem abweichenden Votum hatten zwei Bundesverfassungsrichter ihre fünf KollegInnen kritisiert. Die Entscheidung beruhe nicht auf eigene Prüfung und Erkenntnis. Menschenleben, so Bundesrichter Sommer, wögen für ihn schwerer als mögliche diplomatische „Störungen im Verhältnis zum Sudan“. Heide Platen