: Weniger Geld für Asylbewerber
Gesundheitsminister Horst Seehofer (CSU) legt einen Gesetzentwurf vor, der die Kürzung der Sozialhilfe für Asylbeweber vorsieht. Morgen soll das Kabinett darüber befinden ■ Von Vera Gaserow
Berlin (taz) – Im Hauruckverfahren will die CDU/CSU die umstrittenen Sozialhilfekürzungen für Asylbewerber durchsetzen. Nach den Plänen des Gesundheitsministeriums soll ein entsprechender Gesetzentwurf morgen im Kabinett verabschiedet werden und bereits am Donnerstag in erster Lesung den Bundestag passieren.
Der Gesetzentwurf wurde zum Wochenende fertig und lag gestern den Abgeordneten, die am Donnerstag darüber abstimmen sollen, noch gar nicht vor. Und selbst der Koalitionspartner FDP, mit dem sich die CDU/CSU über die Leistungskürzungen einig glaubte, zeigte sich brüskiert über das Paragraphenwerk, das Minister Seehofer jetzt als Ergebnis einer Koalitionseinigung präsentierte. Aus FDP-Kreisen wird deshalb bezweifelt, daß das Gesetz in dieser Form Kabinett und Bundestagsfraktion passieren könnte.
Der vorgelegte Gesetzentwurf beinhaltet eine Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes, das auch eine 20prozentige Sozialhilfekürzung für Asylbewerber festschreibt und die Gewährung der Hilfe in Form von Sachleistungen. Bislang davon ausgenommen waren Bürgerkriegsfüchtlinge und Asylbewerber, die bereits länger als 12 Monate in Deutschland leben. Nach den Änderungsplänen des zuständigen Gesundheitsministeriums sollen nun alle Asylbewerber für die gesamte Dauer ihres Verfahrens weniger Sozialhilfe und die auch nur als Sachleistung erhalten. Nach eigenen Schätzungen des Ministeriums wären davon rund 235.000 Menschen betroffen. Den Einspareffekt beziffert das Seehofer-Ministerium auf 900.000 Mark jährlich.
Diesem Punkt der Kürzungspläne hat die FDP jetzt zähneknirschend zugestimmt. Strittig unter den Koalitionspartnern ist dagegen die Ausdehnung des Asylbewerberleistungsgesetzes auf die über 300.000 Bürgerkriegsflüchtlinge. Im Frühjahr waren Pläne Seehofers bekanntgeworden, mit Hilfe eines neuen Ausländersgesetzes die Sozialhilfekürzungen auch auf diese Gruppe von Flüchtlingen auszuweiten. Die Pläne waren zunächst am Einspruch der FDP gescheitert, tauchen aber nun in neuer Form wieder auf: nach dem gestern bekanntgewordenen Gesetzentwruf soll das Asylbewerberleistungsgesetz künftig auch für Bürgerkriegsflüchtlinge gelten, ein Ausnahmeparagraphen gesteht ihnen aber weiterhin die ungekürzte Sozialhilfe zu. Doch sind die Bürgerkriegsflüchtlinge in ein solches Gesetz einbezogen, lassen sich auch die Ausnahmeregelungen leicht wieder aufheben. Ihre medizinische Versorgung würde darüber hinaus schon mit Inkrafttreten dieser Gesetzesänderung eingeschränkt, außerdem sieht das Gesetz eine erkennungsdienstliche Behandlung von sämtlichen Bürgerkriegsflüchtlingen vor.
Sollten die Liberalen Seehofers Pläne nicht noch stoppen, dann könnte der Gesetzentwurf am Donnerstag tatsächlich in 1. Lesung in den Bundestag kommen. Ob er allerdings auch den Bundesrat passieren wird, ist fraglich. Dort haben SPD und rot-grün regierte Bundesländer die Mehrheit. Im Gegensatz zur SPD-Bundestags- fraktion befürworten jedoch einige sozialdemokratische Bundesländer die Leistungskürzungen für Asylbewerber und Flüchtlinge. Jede Sozialhilfekürzung verspricht Entlastung für die kommunalen Kassen, und eine Sparpolitik auf dem Rücken von Flüchtlingen bringt auch die SPD-Klientel kaum auf die Barrikaden.
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