Nölle und Scherf: Alles wird furchtbar (gut)

Schöner könnte das Regieren gar nicht sein, so wird Bremens Bürgermeister Henning Scherf nicht müde zu betonen, als es mit Ulrich Nölle ist. In allen kritischen Fragen hat es Konsens gegeben, bisher. „Verständigen“ ist das neue Lieblingswort. Und Nölle sieht das „ebenso positiv“. Anfangs sei er „mit leichten Bauchschmerzen“ in diese Koalition gegangen, weil Scherf ja lieber mit den Grünen regiert hätte, das sei nun aber „völlig verdreht“ durch die Erfahrungen in der täglichen Arbeit. Nicht ganz so leicht ist es mit den Erwartungshaltungen des CDU-Klientels, die seien ungeheuer hoch, findet Nölle. Aber im Kanzler hat das Bremer Pärchen einen Freund gefunden, was will mann mehr.

Bleiben nur noch die Sachprobleme zu bereden. Der Doppelhaushalt 1996/97 „läuft auf vollen Touren“, Nölle kann gar nicht einmal sagen, daß er mit den SPD-Ressorts da mehr Probleme hat als mit den CDU-Kollegen im Senat. Daß Bremen die Sanierung nicht schafft und dann 1997 „nachverhandeln“ muß, ist klar, sagt Nölle. Es fehlen bei den Steuer-Einnahmen gegenüber dem Planziel für 1995 derzeit ca. 200 Millionen, wenn das bis Ende des Jahres auf 300 Millionen anwächst, gibt es in diesem Jahr keine Schuldentilgung. Nachtragshaushalt muß sein – klar. Es geht voran. Ab 1996 soll das „erweiterte VW-Modell“ im Öffentlichen Dienst greifen: keiner soll entlassen werden, aber weniger Lohn für die meisten soll es geben, damit die Personalkosten in den vier Haushaltsjahren 1996-1999 kostant bleiben. Nur verhandelt worden ist darüber nicht, „möglichst bald“ soll ein Termin mit der ÖTV gemacht werden, verspricht Nölle. Die Einnahmen aus dem BEB-Verkauf sollen 1996 in den Haushalt einfließen, die aus den Gewoba-Aktienverkäufen („vorzugsweise an Mieter“) dann 1997.

Das Rüstungskonversionsproblem hat das Duo auch gelöst. Scherf ist als Sozialdemokrat gegen weitere Rüstungsausgaben, wenn sie aber in Bonn von dem zuständigen Freund Bremens beschlossen werden, sieht er das als Bürgermeister mit dem lachenden Auge und kämpft dafür, daß mit den Eurofighter-Aufträgen die Dasa ausgelastet wird. Sozialdemokratische Positionen passen halt für den Wahlkampf als Grundüberzeugung, regieren läßt sich besser auf CDU-Grundpositionen – ein „fundamentaler Konflikt“ in der Rolle, „soll ich das denn hier leugnen“? Scherf benennt das Problem offensiv, und damit ist es ihm keines mehr. K.W. /Foto: KJ