Babylon ins Kabel

■ Für fremdsprachige Sender ist in deutschen Kabelnetzen selten Platz. Jetzt setzt die Telekom auf Digitalisierung

Nirgendwo in Deutschland ist der Wald von Satellitenschüsseln, die von Dächern und Häuserwänden grüßen, so dicht wie in Stadtvierteln, in denen viele Ausländer leben. Der Grund ist einfach: Ihre gewohnten Programme, von Rai Uno über TV Polonia bis zum türkischen TRT, finden nur selten in den engen deutschen Kabelnetzen mit ihren nur rund 30 Programmen Platz. Also sind die Millionen fremdsprachiger Fernsehbesitzer, die ja schließlich auch Rundfunkgebühren zahlen, auf die Schüssel angewiesen. Zwar möchten Baupolitiker wie Norbert Otto (CDU) diesen „Wildwuchs einschränken“. Doch an dem gesetzlich garantierten Anspruch der Ausländer auf Heimat-TV kommt auch er nicht vorbei.

Die Wohnungsgesellschaften haben schon vor Jahren gefordert, die Telekom solle ihre Kabelnetze weiter ausbauen, um mehr Platz für ausländische Sender zu schaffen. Doch die fürchtete lange die hohen Investitionskosten. Nun hat die Telekom noch für dieses Jahr ein TV-Paket mit ausländischen Programmen angekündigt – und zwar digitalisiert. Die neue komprimierte Technik hat den Vorteil, daß dann mit der gleichen Übertragungskapazität sechs- bis zehnmal mehr Programme eingespeist werden können. Der Nachteil: Zunächst können nur rund 500.000 der gut 15 Millionen Telekom-Kabelhaushalte die Sender empfangen. Und davon ist schätzungsweise nur jeder zehnte ein fremdsprachiger Haushalt.

Manfred Meier, Vertreter einiger ausländischer TV-Programme in Deutschland, ist entsprechend skeptisch: „Die monatlichen Einspeisungsgebühren der Telekom mit 70.000 Mark ohne Nebenleistungen sind uns zu hoch“, erklärt er. „Und wer sagt uns denn, daß die ausländischen Haushalte sich statt ihrer Satellitenschüssel tatsächlich eine Digitaldecoder zulegen werden?“ So haben bisher nur die türkischen Privatsender atv und Euroshow sowie TV Polonia ihre Beteiligung am digitalen Paket zugesagt. Verhandlungen mit den italienischen Programmen Rai Uno und Rai Due sowie einem fremdsprachigen Angebot von Eurosport sind noch im Gang.

Der Sprecher des Bonner Interessenverbandes des privaten Rundfunks (VPRT) hält die Situation für ein Desaster: „Wir verlangen, daß die Kabelnetzbetreiber ihre Netze öffnen und alle neuen ausländischen Sender einspeisen.“ Doch erst 1998 fällt endgültig das Monopol der Telekom, dann wird die Konkurrenz das Geschäft beleben. Erbil Kurt/Carsten Heeren