BEB-Privatisierung – nicht so gemeint?

■ Wie Scherf seine Tine vorführte

Henning Scherf möchte in Zukunft lieber nicht ganz so wörtlich verstanden werden. Vor knapp zwei Wochen ist der Bürgermeister noch öffentlich damit vorgeprescht, die Bremer Entsorgungsbetriebe sollten so schnell wie möglich privatisiert werden. Nun will er alles so nicht gemeint haben. Der Verkauf solle geprüft werden, beteuerte Scherf am Montag in der Bürgerschaft. Er habe mit Finanzsenator Nölle abgesprochen, daß eine Diskussion stattfinden müsse, „ohne Tabus“, ehe die GebührenzahlerInnen wieder „schnell zur Kasse“ gebeten werden. Finanzsenator Nölle hatte allerdings kurz vor der Parlamentsdebatte vor der Presse mitgeteilt, die Einnahmen aus der BEB-Privatisierung wolle er schon 1996er Haushalt verbuchen.

Ganz nebenbei führte Scherf im Parlament in gewohnter Fröhlichkeit Umweltsenatorin Tine Wischer vor. In deren Haus wird seit Monaten an Rationalisierungs- und Teilprivatisierungskonzepten gebastelt – derweil der Bürgermeister sich an allen Sachargumenten vorbei als Erfinder des Gebührenstopps feiern läßt. Entsprechend vergrätzt war dann auch die Reaktion Wischers: „Wenn der Bürgermeister diese Vorarbeiten nicht zur Kenntnis nimmt, dann ist das sein Problem. Allerdings erschwert das eine Lösung.“ Scherf gab sich generös: Natürlich läge die Federführung in der Sache bei Tine Wischer, „das habe ich ihr hoch und heilig versprochen“, wenn es aber um die Privatisierung gehe, müsse der gesamte Senat entscheiden.

Die Grünen hatten eine aktuelle Stunde zum Thema „Männerwetten“ beantragt, nachdem von einer Wette Scherfs mit Nölle berichtet worden war, nach der die BEB bis zum Jahresende verkauft sein sollten. „Ein populistisches Versprechen“, warf die Grüne Elisabeth Hackstein Scherf vor. Den BürgerInnen würde vorgegaukelt, über eine schnelle Privatisierung würden Gebührenerhöhungen vermieden. Der Gegenbeweis würde in diesen Tagen in Hamburg erbracht. Da explodieren die Müllgebühren gerade als Folge des Verkaufs. Dazu blockiere der Bürgermeister die nötigen politischen Entscheidungen, um das BEB-Defizit nicht noch weiter ausufern zu lassen. Die nötige Gebührenerhöhung sei wegen des Scherf-Vorstoßes bei der Sitzung des BEB-Eigenbetriebsausschußes Ende September vertagt worden. Und das Versprechen, daß die Federführung im Umweltressort bliebe sei eine Ungeheuerlichkeit, weterte die Grüne: „Oder haben sie auch dem Innensenator versprochen, daß er die Polizei lenken darf?“

Die SPD mochte sich lieber nicht so dezidiert in den Streit in den eigenen Reihen einmischen. Hinter vorgehaltener Hand schimpften die GenossInnen zwar wie die Rohrspatzen gegen Scherf, im Parlament gab sich die Abgeordnete Traudy Hammerström aber moderat und mahnte: „Über Gebühren und Verkauf wird in diesem Hause diskutiert.“ Ansonsten sei die Debatte ohne viel Substanz.

Die Substanz hatte Jörg Kastendiek von der CDU ganz schnell ausgemacht: Eine perfide Strategie der Grünen. „Sie wollen nur die politische Vergangenheit verschleiern und vertuschen.“ Fücks ist an allem Schuld, und die CDU sei schon immer für die Privatisierung gewesen.

Andreas Lojewski von der AfB: „Wir wollen schon wissen, wohin die Reise der BEB geht.“ Die Frage wurde schon gar nicht beantwortet.

J.G.