■ Horst Tappert und Helge Schneider machen Mittagspause
: Wahrheiten an der Pommesbude

Vor einem Monat trafen sich Helge Schneider und Horst Tappert zum ersten Mal. An einer Bratwurstbude in Mühlheim kamen sich die beiden beliebten deutschen Kriminalisten bei Schollenfilet (Tappert) und Bratkartoffelsalat (Schneider) näher als erwartet.

taz: Herr Schneider hat im Vorfeld dieses Gesprächs Vorbehalte Ihnen gegenüber geäußert, Herr Tappert, im Dienste der Sache sollten Sie es ...

Helge Schneider: ... schon zurechtrücken, das Bild eines tölpelhaften Fernsehkommisssars!

Horst Tappert: Ich bin Derrick – mehr kann sich ein Schauspieler nicht wünschen.

Vielleicht den Tod noch ...

Tappert beleidigt: Ich bin ein älterer, sportlicher Mann, der auch zupackt, wenn es sein muß ...

Schneider: Sie sind einfacher Hauptwachtmeister, ich verbitte mir ausdrücklich eigenmächtiges Handeln! Ist das klar???!

Oh, Hauptwachmeister, wir dachten Sie stets als Oberinspektor. Wie steht es um eine Beförderung nach 250 Dienstjahren?

Tappert: Ich könnte keine Verbrecher mehr jagen, denn bei einer Besoldungsstufe höher müßte ich nur noch als Schreibtischkriminalist arbeiten. Ich will keinerlei Veränderungen.

Schneider: Er ist ja auch jahrelang als der beste Kommissar der Welt anerkannt worden. Und er ist es ja auch noch. Aber hat nicht auch ein Kommissar dieser Fasson seine Grenzen? Hier ist die klare Antwort: Nein! Dieser Mensch hat keine Grenze.

Nicht mal parteipolitisch? Anläßlich der 250sten Derrik-Folge hat Helmut Kohl Sie als „großartigen Schauspieler mit viel Einfühlungsvermögen“ bezeichnet. Erfüllt Sie das mit Stolz?

Schneider (fährt dazwischen): Er ist, obwohl man ihn als totalen Superkommissar kennt, obrigkeitshörig!

Tappert: Mit Derrick gewann ich Freunde!

Herr Tappert, wir finden Ihr Tränensackdepot ausdrucksarm!

Tappert: Der Vorwurf, mein Gesicht sei ausdrucksarm, stimmt einfach nicht. Diese Kritiker verstehen einfach nichts von der Verhörtechnik eines Kripobeamten. Derrick brachte den Täter ...

Schneider: Also, ein für alle Male: Hier in diesem Raum nenne nur ich jemanden „Täter“, haben Sie kapiert?! Für Sie ist erst mal jede Person unverdächtig!

Tappert: In der Realität ist das genauso, wie ich es dargestellt habe. Der Kommissar sitzt vor dem Inhaftierten und hört nur zu ... Ein alter Trick der Polizisten. Ich habe das lange und ausführlich recherchiert.

Zwischenfrage: Haben Sie beide gestern abend ferngesehen?

Schneider: Im Fernsehen war eine Quizsendung, ein Mann redete viel, dabei versuchte er immer, nett zu wirken. Aber Fragen an die Kandidaten waren hier nicht dabei, dafür aber andere Sachen, wie zum Beispiel, einer muß mit bloßen Händen einen Betonsturz zerkleinern. Er schaffte es nicht, deshalb fielen große Buchstaben aus der oberen rechten Ecke, und eine häßliche Melodie ertönte.

Tappert: Ich vermisse sie sehr, die Frankenfelds und Kuhlenkampfs von heute.

Was wird die Zukunft außer Qualitätseinbußen noch bringen?

Tappert: Zur Jahrtausendwende werde ich mit einem Freund, der mir im Krieg das Leben rettete, an der italienischen Riviera die Raketen ins nächste Jahrtausend jagen.

Schneider: Wir schreiben Donnerstag, den 21. November 2004. Der Kommissar Schneider harkt mit einer nagelneuen Harke seine Rabatten im Garten.

Herr Tappert, Ihr Paradies haben Sie in Norwegen gefunden ...

Tappert: Die Naturwelt in den Fjorden ist auch vom Massentourismus bewahrt, so ursprünglich, so unberührt, daß man das Gefühl hat, der liebe Gott habe gestern aufgehört, die Welt zu erschaffen. Er setzt sich zur Ruh' und sagt: Ich bin müd', jetzt hab' ich keine Lust mehr, jetzt laß ich das mal so.

Versetzen Sie sich da mal hinein, Herr Schneider!

Schneider: Ein Reiher fliegt über das Boot, macht eine Kehrtwendung und sieht sich den Kommissar noch einmal aus der Nähe an. Lachend dreht er bei und verschwindet.

Horst Tappert angelt in der Tradition von Hemingway. Derlei Erfüllung bleibt ihnen versagt, Sie sind rund um die Uhr im Einsatz.

Schneider: Dazu nur eine einzige Begründung: Jemand MUSS es tun!

Tappert: Angeln ist genauso spannend wie auf Ganovenjagd gehen.

Wir danken Ihnen für das Gespräch.

Tappert: Ich will dem Schicksal dafür danken. Interview: Benjamin v. Stuckrad- Barre

Sämtliche Zitate so und nicht anders in „Das scharlachrote Kampfhuhn“ (Kiepenheuer & Witsch) und „Das große Derrick Buch“ (Henschel)