20.000 Mann suchen Alberto Dahik

Ecuadors Vizepräsident ist nach Bestechungsvorwürfen zurückgetreten. Der Mitbegründer von „Transparency International“ galt als Kämpfer gegen die Korruption  ■ Von Bernd Pickert

Die Kontrollen an Ecuadors Häfen und Grenzübergängen sind verstärkt worden. 20.000 Polizisten sind im Einsatz, um den Mann zu finden, der bis vorgestern als starker Mann der ecuadorianischen Regierung galt: Alberto Dahik. Am Mittwoch trat der 42jährige Wirtschaftswissenschaftler als Vizepräsident zurück, verließ mit Wagenkolonne und Leibwächtern seine Residenz in Quito – und ward nicht mehr gesehen. Nur wenige Stunden später verkündete die Generalstaatsanwaltschaft einen Haftbefehl gegen Dahik. Er wird beschuldigt, öffentliche Gelder in Millionenhöhe auf ein Privatkonto überwiesen und davon unter anderem einen Rundfunksender gekauft zu haben.

Die Vorwürfe gegen Dahik bestimmen schon seit zwei Monaten das politische Klima in Ecuador. Dahik selbst hatte den Skandal losgetreten: In einem Hintergrundgespräch mit Journalisten hatte er erwähnt, die Regierung habe die – oppositionelle – Parlamentsmehrheit schmieren müssen, damit diese den wichtigen Gesetzentwürfen zur Privatisierung der staatlichen Betriebe zustimmt, und habe auch das oberste Gericht schmieren müssen, damit dieses die Verfassungsmäßigkeit einiger umstrittener Gesetze bestätigt.

Dahik war nicht bereit, die Anschuldigungen zu präzisieren, und so schossen die Abgeordneten zurück, indem sie gegen Dahik einen politischen Prozeß wegen „schwerer Vergehen gegen die Ehre der Nation“ anstrengten. Dahik ging wiederum in die Offensive, initiierte einen „Kreuzzug der Moral“ und beschuldigte drei der Oppositionsparteien, die das Verfahren gegen ihn angestrengt hatten, in weitreichende lokale Korruptionsaffären verwickelt zu sein.

Wirklich problematisch wurde es jedoch für Dahik, als bekannt wurde, daß er öffentliche Gelder, offenbar aus einem Spezialfonds für besondere Zwecke, auf private Konten überwiesen hatte. Die Konten liefen auf die Namen zweier seiner Sekretäre. Eine der ersten Ausgaben, die von diesen Konten aus getätigt wurden, war der Kauf eines Radiosenders. Die Opposition hält die Gelder ohnehin für geheime Schmiergeldfonds – und als sich nach Bekanntwerden der Existenz dieser Konten auch noch die beiden Sekretäre aus dem Staub machten, war Dahiks Glaubwürdigkeit schwer angeschlagen. Präsident Sixto Durán Ballén forderte Dahik zum Rücktritt auf – freilich nur, um das Image Ecuadors zu wahren.

Sechs Stunden lang verteidigte sich Dahik im Parlament – wiederum recht aggressiv. So wies er nicht nur die gegen ihn erhobenen Vorwürfe zurück, sondern beschuldigte den Ex-Präsidenten León Febres Cordero, bis heute führender Kopf der rechten Sozialchristlichen Partei (PSC), während seiner Amtszeit 1984 bis 1988 in großem Umfang Steuern hinterzogen und sich bereichert zu haben.

In der Abstimmung votierten dann in der vergangenen Woche zwar 39 Abgeordnete dafür, Dahik seines Amtes zu entheben, bei 20 Gegenstimmen und 14 Enthaltungen war jedoch die notwendige Zweidrittelmehrheit nicht erreicht, und Dahik blieb im Amt. Nun hat sich die Staatsanwaltschaft der Vorwürfe angenommen. Präsident Sixto Durán Ballén bezeichnete den Haftbefehl gegen Dahik als „klare Verletzung der rechtlichen Grundsätze“. Er kündigte an, einen Nachfolger für Dahik vorzuschlagen.

Dahik ist nicht leicht zu ersetzen. Der Ökonom, der bereits in einer früheren Amtszeit als Finanzminister das Land auf strikt neoliberalen Kurs brachte, galt als die treibende Kraft der Wirtschaftsreformen. Aus jener Zeit kennt Dahik auch den Deutschen Peter Eigen, der damals als Weltbank-Abteilungsleiter für Ecuador zuständig war. Und als Eigen 1993 die Organisation „Transparency International“ ins Leben rief, war Dahik sofort begeistert dabei, kam zur Gründungsfeier nach Berlin, war sogar bis Mai Vorsitzender des Beraterstabes von Transparency. Die Organisation kämpft international gegen die Korruption.