Kein Kap der gutenHoffnung

■ Neues Abenteuer für RadlerInnen im Ostertor/Steintor: das Haltestellen-Kap

Sebastian A. ist eigentlich ein sicherer und schneller Radfahrer. Doch wenn er, mit der Tochter vorn auf dem Rad, an der Haltestelle Theater auf dem Ostertorsteinweg vorbeiradeln will, wird ihm jedesmal himmelangst: Dort ragt seit neuestem ein Kap in die Straße, ein sogenanntes Haltestellen-Kap. Dadurch verengt sich die Radfurt zwischen Bürgersteig und Straßenbahnschiene so sehr, daß schwer beladene und deshalb schwankende Räder in die Gleisrille geraten könnten. Absteigen vor der herandonnernden Straßenbahn? Oder spitz, was aber gefährlich ist, über die Schiene in die Straßenmitte kreuzen?

Die Verkehrsberuhigung der Straßen Ostertorsteinweg/Vor dem Steintor mag für FlaneurInnen mehr Komfort bedeuten, für RadlerInnen schafft sie neue gefährliche Situationen. Geradezu „kriminell“, findet Klaus-Peter Land vom ADFC. Der ADFC habe immer für einen durchgehenden Radweg plädiert statt für viele kurze Radwege, die mehrmaliges Einfädeln in den Autoverkehr verlangen. Auch die Stadt hatte ursprünglich einen Radfahrstreifen ins Pflaster einlassen wollen – das wäre jedoch zu teuer gekommen, sagt Axel Ahrens, Leiter der Verkehrsabteilung bei der Baubehörde.

Aber auch Ahrens kennt die neuen Sorgen der RadlerInnen. Forsche RadlerInnen fahren zwar einfach mitten auf der Straße, also vor der Straßenbahn zwischen den Schienen, doch viele andere trauen sich nicht. Die kämen an den Engpässen vor den Kaps ins Schleudern. Jetzt hat die Verkehrsbehörde nachgebessert: Die Kanten der Kaps sind abgeflacht worden, so daß RadlerInnen in Notfällen einfach auf dem Gehweg weiterradeln können.

„Naja, regelgerecht ist das natürlich nicht, deswegen darf ich Ihnen diesen Hinweis eigentlich nicht geben“, druckst Axel Ahrens. Denn das Haltestellen-Kap bleibt offiziell Fußweg – die dunklen Streifen sind Markierungen für Blinde, nicht für RadlerInnen. Auf Höhe der „Schauburg“ radelt mittlerweile die Mehrzahl über den Haltestellen-Fußweg – nicht gerade zur Begeisterung der FußgängerInnen, die eigentlich annahmen, daß ihnen die breiteren Fußwege nun zum gedankenverlorenen Bummeln zur Verfügung stünden. „Deswegen ist das absichtlich nicht als Radweg markiert, man soll spüren, daß man nur Gast auf der Fußgängerfläche ist“, sagt Ahrens.

So viel jetzt auch genörgelt wird über die Veränderungen im O-Weg/Steintor – „es hat in Bremen bisher wohl keine andere Verkehrsplanung gegeben, die so sehr mit wirklich allen Beteiligten und Lobby-Gruppen abgestimmt war“, sagt der Sprecher der Baubehörde, Rainer Imholze. So wird es wohl auch noch Nachbesserungen geben: möglicherweise einen Poller auf oder hinter Bremens kürzestem Radweg, der „Nase“ auf Höhe des „Casablanca“. Diese Ausbuchtung sollte eigentlich dazu dienen, Autos zu signalisieren, daß hier die fußgängerähnliche Zone beginnt, doch die „Nase“ ist vor allem zum Hindernis für RadlerInnen geworden.

Kaum einer fährt über den Radweg auf der „Nase“, denn dahinter würde er prompt im Kofferraum parkender Autos landen. RadlerInnen müssen beim Herannahen also schnell abschätzen, ob hinter der „Nase“ genügend Platz ist, oder sich wieder in den Autoverkehr einzufädeln. Das soll anders werden: Ab 1.1.96 dürfen nur noch Lieferanten am Straßenrand parken (bis 13 Uhr). Eine scharfe Kontrollkampagne zu Beginn des Jahres soll alle Privatparker vertreiben.

„Die Nase ist keine eindeutige Lösung und deshalb eine schlechte Lösung“, findet Klaus-Peter Land vom ADFC. Das sieht Verkehrsplaner Ahrens anders: VerkehrspsychologInnen hätten herausgefunden, daß subjektiv unklar empfundene Situationen oftmals objektiv zu mehr Sicherheit im Verkehr führten. „Wenn es überall Ampeln gibt, steigt die Risikobereitschaft, weil die Leute denken, es ist doch alles sicher.“ Dann erst komme es zu richtig schweren Unfällen. cis