: Tasse am Stiel
Das Berliner Studentenwerk setzt in Mensen und Cafeterien auf Mehrweggeschirr und vegetarische Speisen / Kaffee stammt aus fairem Handel ■ Von Matthias Fink
„Der Teller, von welchem du issest dein Brot – schau ihn nicht lang an, wirf ihn fort...“ So wie in der Dreigroschenoper sollte es heute eigentlich nicht mehr zugehen. „Wir setzen Mehrweggeschirr ein, wo wir können“, beteuert Hans-Jürgen Fink, Geschäftsführer des Studentenwerks Berlin. Von Ausnahmen abgesehen: Zum Beispiel, wenn „kein Platz für eine Spülmaschine“ vorhanden sei. Ausgestanzte Plastiktabletts, in deren einzelne Vertiefungen Suppe, Hauptspeise und Nachtisch gegossen werden, sind heute an den Berliner Mensen nicht mehr zu finden. Höchstens in Spitzenzeiten werde noch „zur Entlastung“ Einweggeschirr angeboten.“
Der Unterschied beim Müllaufkommen ist nicht von Pappe: Durchschnittlich werden vom Studentenwerk täglich 30.000 Portionen Mittagessen ausgegeben.
Auch beim Trinken sollen Einwegbecher möglichst vermieden werden. Am ehesten ist das Ideal wohl im „Erfrischungsraum“ des Jura-Fachbereichs in Dahlem verwirklicht. Hier bringen die Studierenden ihre Tassen selbst mit – und hängen sie im Vorraum der Mensa auf.
Die großen Holztafeln mit Stielen, vom Studentenwerk installiert, erinnern an Schlüsselbretter – nicht nur wegen ihrer Konstruktion, sondern auch weil jeder Becher mit einem Schloß gesichert ist.
Wer keinen dabei hat, kann an einem Automaten einen Kunststoffbecher erwerben, begleitet von der Bitte, ihn mehrfach zu verwenden. Dafür wurde eigens eine Spülautomatik installiert. Die neuen Automaten stehen nicht in der Nähe des Kaffeeautomaten. Der alten Gewohnheit, Gefäß und Inhalt gleichzeitig zu erwerben, soll auf diese Art entgegengewirkt werden.
Auch in der Cafeteria der Freien Universität wurde das Modell der erzieherisch wirksamen Becher-Automaten umgesetzt. Auf die Möglichkeit, Privatbecher aufzubewahren, verzichtete man allerdings. Aus diesem Grunde wohl scheiterte das Modell.
Oliver Decker, studentischer Vertreter im Vorstand des Studentenwerks, tadelt deshalb seine KommilitonInnen: „Das Studentenwerk hat sich wirklich mit großen Einfallsreichtum um Verbesserungen bemüht. Das große Problem ist eher die Haltung der Studis. Die meisten haben die Becher direkt in die Mülleimer geschmissen.“
Und das Studentenwerk hat es am Geld gespürt. Fink: „Die Umsatzeinbußen waren so enorm, daß wir es nicht verantworten konnten. Die Leute haben weniger getrunken.“
Die studentischen Cafés haben derweil einen ihrer früheren Vorzüge verloren. Jeder Tropfen Kaffee in Berliner Mensen und Cafeterien stammt heute aus fairem Handel, so daß diese Eigenschaft nichts Besonderes mehr ist.
Auch bei der Auswahl der Speisen gibt man sich fortschrittlich. Pro Tag bieten die Berliner Mensen mindestens ein vegetarisches Gericht an. Und der Verkauf gibt dem Studentenwerk recht: Die Schlangen sind dort meist am längsten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen