: Wunsch nach Gegenöffentlichkeit
■ betr.: alternativMedien, freie Ra dios
[...] Das Konzept einer linken Zeitung, Ausdruck des Wunsches nach einer Gegenöffentlichkeit und der Umsetzung der Utopie von alternativen Medien ist die Grundlage, auf der die taz einst aufgebaut wurde. Ihr bekamt viel Unterstützung aus der ganzen Republik und Euer Werdegang ist kritisch kommentiert worden.
Jetzt brauchen andere Eure Unterstützung, um die Projekte Gegenöffentlichkeit und alternative Medien weiterzubringen. In Hessen ist seit dem 1. 1. 95 ein Gesetz in Kraft, das Nichtkommerzielle Lokalsender (NKL) zuläßt. In vielen hessischen Städten (Frankfurt, Wiesbaden, Darmstadt, Marburg und Kassel) haben sich Initiativen und Vereine gegründet, die diese Möglichkeit in Anspruch nehmen wollen. Diese Umsetzung wird von vielen Initiativen in der ganzen BRD verfolgt, da sie sich von dem hessischen Modell unter anderem einen Vorreitereffekt versprechen, besonders was die Finanzierung betrifft.
[...] Das Gesetz in Hessen läßt diesen Punkt relativ offen. Nur aus Mitgliedsbeiträgen kann ein dauerhafter Sendebetrieb nicht finanziert werden, und der Zufluß aus anderen Quellen ist stark vom politischen Willen der Landesregierung abhängig. Zudem hängt die Realisierung des Gesetzes von der Zustimmung des Beirates der Landesanstalt für privaten Rundfunk (LPR) ab. Der Beirat besteht aus Vertretern verschiedener gesellschaftlicher Gruppen, also keine Medienfachmenschen, lediglich ÄmterbesetzerInnen. Dieser Beirat hat noch nicht beraten.
Die andere Seite ist die Frequenzvergabe. Die Post sucht und organisiert und meldet nach Wiesbaden. In der Staatskanzlei hortet man die Frequenzen und entscheidet hier und da, was damit passiert. Das Deutschlandradio hat ein Erstzugriffsrecht. Letztendlich vergeben werden die Frequenzen von der LPR in Kassel. Vorher brauchen wir noch eine Lizenz zum Senden und damit eine Lobby nicht nur in Kassel. Von keiner Seite wird zudem ein Zugeständnis gemacht. Alle Gebühren und Abgaben an Post, Gema usw. werden für Freie Radios (Lokalsender) in voller Höhe, auf der gleichen Berechnungsgrundlage wie für öffentich-rechtliche und privat-kommerzielle erhoben. Das macht die Sache sehr teuer für uns und andere wie Radio-Z, Nürnberg, oder Radio Dreyeckland, Freiburg. Es geht hierbei nicht nur um Hessen, sondern dies gilt für Initiativen im ganzen Bundesgebiet.
Da Ihr auf Eurer Medienseite immer brav über die Machenschaften der privaten und öffentlich- rechtlichen TV-Sender berichtet (ist schon wichtig), wäre es notwendig zum einen eine Debatte über Medienpolitik, alternativMedien, Beteiligung der BürgerInnen jenseits der konzeptlosen offenen TV-Kanäle zu führen und zum anderen kontinuierlich über die Bemühungen der Freien Radios in der BRD zu berichten. Zumal selbst die Grünen ihr Herz an die Öffentlich-rechtlichen gehängt haben und dabei sind, einen wichtigen Geldhahn für uns im Rundfunkstaatsvertrag abzudrehen (Zweiprozentklausel). [...] Peter K. Wolff,
Freies Radio Kassel
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