Tschernomyrdin hofft auf Privatisierungsgewinne

■ In Rußland sind die Realeinkommen in einem Jahr um zwölf Prozent gesunken

Moskau (AFP) – Viktor Tschernomyrdin drängt die Staatsduma, noch in diesem Jahr einen Haushalt für 1996 zu beschließen. Die wirtschaftliche Bilanz des russischen Ministerpräsidenten ist alaramierend. Er gab am Freitag vor den Abgeordenten der Staatsduma zu, daß seine Regierung ihre volkswirtschaftlichen Ziele für das Jahr 1995 nicht erreicht habe. „Die Realeinkommen sind um zwölf Prozent gesunken und die Inflation konnte nicht wie vorgesehen gebremst werden“, sagte Tschernomyrdin. 40 Millionen Russen und Russinen lebten unter dem Existenzminimum.

Die Teuerungsrate belief sich im Januar nach Angaben Tschernomyrdins auf 17,8 Prozent. Erst im September konnte sie auf 4,5 Prozent gesenkt werden – aufgrund einer vom Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbank verlangten restriktiveren Geldpolitik. Vordringlich sei, die Monopole im Energiesektor zu brechen, die zu viel Einfluß auf die Preisentwicklung nähmen, sagte der frühere Chef der staatlichen Gasgesellschaft Gasprom.

Der Vorsitzende des Haushaltsausschusses im Unterhaus, Michail Sadornow, bezweifelte Tschernomyrdins Rechnung und sagte, die Realeinkommen seien 1995 um mindestens 18 Prozent gesunken. Den Haushaltsentwurf für 1996 lehnte er ab, da er zu drastische Einsparungen in den Bereichen Erziehung, Kultur, Sicherheit und Verteidigung vorsehe. Sadornow zweifelte auch die geplanten Einnahmen von 12 Billionen Rubel (3,7 Milliarden Dollar) aus Privatisierungsvorhaben an. Schon 1995 seien die dafür veranschlagten Einnahmen bei weitem nicht erreicht worden.

Der Haushaltsentwurf liegt der Duma seit Ende August vor. Die Abgeordneten hatten die Abstimmung darüber vertagt, mit der Begründung, die veranschlagte monatliche Inflationsrate von 1,2 Prozent sei unrealistisch. Insgesamt sieht der Haushaltsplan Ausgaben in Höhe von 414,41 Billionen Rubel (rund 130 Milliarden Mark) und Einnahmen in Höhe von 332,57 Billionen Rubel vor.