Die Macht des Küchenkabinetts von Iris Blaul

■ Die Ex-Superministerin aus Hessen soll ihren Staatssekretär Schädler aus dem Amt gemobt haben. Pikantes Detail: Auch Blauls Lebensgefährte boxte mit

Frankfurt/Main (taz) – Wer den Schädler hat, braucht für den Spott nicht mehr zu sorgen. „Von Fundis zu Pfründis“ verkommen seien die hessischen Bündnisgrünen, höhnte die oppositionelle CDU in der letzten Woche im Landtag. Selbst ein Vorstandsmitglied eines Umweltschutzverbandes, das aber nicht mit Namen genannt werden will, meint, nun tanzten die Mäuse auf den Tischen des Umweltministeriums, seit Joschka Fischers Wechsel nach Bonn.

„Küchenkabinett“ nannte die CDU die Troika aus Ex-Superministerin Iris Blaul, ihrem Lebensgefährten und Zentralamtsleiter, Wenzel Mayer, und dem Staatssekretär im Umweltministerium, Rainer Baake. Die genannten – so die Vorwürfe von CDU und FDP – hätten die Politik im Sozial- und im Umweltministerium allein konzipiert und den Staatssekretär im Sozialministerium, Johannes Schädler, „gemobbt“. Weil Schädler das Feld nicht freiwillig räumte und Blaul an ihrem Zentralamtsleiter festhielt, glaubte die Ministerin am Ende der Affäre, selbst zurücktreten zu müssen. Schädler wurde danach dennoch entlassen. Und Mayer, von dem Frauen im Sozialministerium behaupten, daß sich der Mann selbst „für unwiderstehlich gehalten“ habe, wurde inzwischen versetzt.

Es war Justizminister Rupert von Plottnitz, der gleich nach dem Rücktritt von Blaul warnend den Zeigefinger erhoben hatte: Die Affäre im bündnisgrünen Superministerium schade der Reputation der gesamten Partei. Doch hinter vorgehaltener Hand weisen bündnisgrüne Fraktionsmitglieder gerade von Plottnitz eine „gerüttelt Maß an Schuld“ an der Eskalation im Superministerim zu. Als Kabinettsmitglied hätte er die im Hause seiner Kollegin brennende Lunte sehen und rechtzeitig austreten müssen. Doch sich in Gemengelagen aus persönlichen und politischen Beziehungen einzumischen ist seine Sache nicht. Rupert von Plottnitz sagte, ohnehin sei das Verhältnis zwischen Iris Blaul und Staatssekretär Schädler „irreparabel zerüttet“ gewesen. „Irrelevant, schädlich und unnötig“ sei aber auch die öffentliche Infragestellung der fachlichen Kompetenzen von Schädler durch Blaul und andere gewesen, so von Plottnitz.

Die geballte Kritik nicht nur der Oppositionsparteien vor allem am Management der Partei ist berechtigt: Trotz gewaltiger Löcher im Landeshaushalt haben die Bündnisgrünen mit Schädler einen der teuersten Frührentner der Republik produziert – und mit Iris Blaul eine ihrer bekanntesten Persönlichkeiten politischen Suizid begehen lassen.

Der Wind weht den Bündnisgrünen hart ins Gesicht: „Wir haben die Schnauze gestrichen voll von solchen Politikern“, titelte etwa Bild mit dem Bild von Schädler. Wer sonst als der entlassene Staatssekretär, der knapp ein halbes Jahr im Amt war, kann schon mit 375.000 Mark pro Jahr an der Lahn spazieren gehen?

Hart getroffen hat es die Bündnisgrünen auch, daß sich in dieser Woche rund zwanzig AbteilungsleiterInnen aus dem Superministerium mit Schädler solidarisierten und dessen Rehabilitation forderten. Der Staatssekretär sei nämlich keine „Pflaume“ (Schmitt, SPD) gewesen, sondern ein fachkompetenter Politiker. In dem am vergangenen Dienstag auf Antrag von Union und FDP einrichteten Untersuchungsausschuß zur bündnisgrünen Affäre will sich vor allem die CDU deshalb ausführlich mit der Frage beschäftigen, ob Schädler tatsächlich vom Küchenkabinett aus dem Amt geekelt werden sollte. Eingeschossen haben sich Union und FDP schon auf das verbliebene „Küchenkabinettsmitglied“ Rainer Baake. Der Staatssekretär im Umweltministerium, so war auch aus der Fraktion der Bündnisgrünen zu hören, habe im Superministerium offenbar keinen zweiten Staatssekretär neben sich geduldet.

Ist Schädler also das Opfer vor allem von Baake? Sollte der Untersuchungsausschuß zu dem Ergebnis kommen, hat die Union bereits vor- und fürsorglich (für die Landeskasse) die Wiedereinstellung von Schädler verlangt. Denn es könne doch nicht angehen, daß ein grüner Staatssekretär auf Staatskosten geschaßt werde, damit ein anderer grüner Staatssekretär allein die Fäden im Superministerium ziehe. Klaus-Peter Klingelschmitt