Polizeilicher Verstoß gegen Europa-Recht

■ Niederländischer Bautrupp ausgewiesen / Drei Arbeiter unrechtmäßig für 24 Stunden im Knast

Illegal beschäftigte AusländerInnen seien bei einem Sechstel von 50 in Bremen und Niedersachsen überprüften Arbeitsstellen aufgespürt worden. Mit dieser Erfolgsmeldung wartete Ende September das Landesarbeitsamt auf (vgl. taz vom 28.9.). Doch zumindest in einem Fall war offenbar nicht die Arbeit der Ausländer, sondern das Verhalten der deutschen Fahnder illegal. Mit einer Klage auf Schadensersatz geht deshalb jetzt das Bauunternehmen Travaux aus dem niederländischen Groenlo gegen das Land Bremen vor.

Am 20. September waren die Arbeitsamts-Fahnder auf der Erweiterungsbaustelle des Bremer Einkaufszentrums Weserpark aufgetaucht. Dort trafen sie auf den niederländischen Bautrupp, der gerade dabei war, an einem Neubau Wand- und Dachelemente anzubringen. Obwohl der Polier alle erforderlichen niederländischen Papiere dabeihatte, wurden die Arbeiter aus dem Nachbarland von der Baustelle gewiesen. Drei von ihnen traf es sogar noch härter. Sie wanderten für 24 Stunden hinter die Gitter der Ostertorwache.

Zwar konnte der Polier auch für diese drei Arbeiter eine niederländische Arbeits- und Aufenthaltserlaubnis vorweisen. Doch ihre Herkunft aus Bosnien, Albanien und Somalia war der Bremer Polizei offenbar suspekt. Erst als der Chef der Firma Travaux sich bereit erklärte, persönlich für die Ausreise seiner drei Arbeitnehmer aus Nicht-EU-Ländern zu haften, konnte er sie im Abschiebeknast abholen.

In der Bremer Haft hätten sie weder duschen noch sich waschen dürfen, klagten die Arbeiter anschließend. Außerdem sei ihnen außer Tee und etwas Brot kein Essen angeboten worden. In der niederländischen Presse war wenig später von der „menschenenunwürdige Behandlung durch die Bremer Polizei“ zu lesen.

Tatsächlich steht das Verhalten der Bremer Behörden in klarem Widerspruch zu geltendem EU-Recht. Danach benötigen Niederländer als Angehörige eines EU-Landes in Deutschland keine Arbeitserlaubnis. Und auch Nicht-EU-Bürger, die bei Firmen eines EU-Landes seit mehr als einem Jahr dauerhaft legal beschäftigt sind, brauchen keine gesonderte Erlaubnis, wenn sie für kurzfristige Montageaufträge in ein EU-Nachbarland fahren. In einem Grundsatzurteil hatte der Europäische Gerichtshof diese Regeln bereits im August 1994 festgeschrieben.

„Mich beschleicht das ungute Gefühl, daß es sich hier um ein fremdenfeindliches Vorgehen deutscher Behörden handelt“, meint denn auch die Bremer Europa-Abgeordnete Karin Jöns (SPD). Sie war von einem niederländischen Kollegen auf den Fall aufmerksam gemacht worden und hatte am 27. September bei den zuständigen Bremer Senatoren um eine Stellungnahme gebeten. Die ließ allerdings auf sich warten. „Gerne würde ich die in Brüssel kursierenden Vorwürfe entkräften“, schrieb Jöns gestern in eine Presseerklärung, aber dem Innensenator scheint der Ruf Bremens in Europa nicht wichtig.“

Doch gestern plötzlich kam die Antwort. „Fremdenfeindliches Verhalten“ weist Innen-Staatsrat Hans-Georg von Bock und Polach darin „entschieden zurück“. Die drei Nicht-EU-Bürger hätten nämlich durchaus nur mit Arbeits- und Aufenthaltserlaubnis auf der Baustelle tätig werden dürfen. Beides hätten ihnen von den zuständigen deutschen Stellen zwar erteilt werden müssen, doch ohne diese Papiere sei die Arbeit illegal.

„Mit so einem Rechtsverständnis unterläuft Bremen auf kaltem Wege das EU-Recht“, meint dazu der Anwalt der niederländischen Baufirma, Lütgemeier. Er hat nun den Auftrag, in Bremen Schadensersatz geltend zu machen. Denn nach der Razzia auf der Baustelle und der Inhaftierung der drei Arbeiter ist Travaux der Auftrag am Weserpark fristlos gekündigt worden. Ase