■ Querspalte
: Welt- kultur- erbe, Ost

Tadsch Mahal – Speyerer Dom – Palast der Republik – Notre-Dame: Welcher der genannten Begriffe gehört nicht in diese Reihe? Richtig. Aber das könnte sich bald ändern. 1.800 (!) ehemalige MitarbeiterInnen des Ost-Berliner Palastes der Republik haben jetzt an die Unesco appelliert, sich für den Erhalt des früheren Kongreß- und Kulturzentrums und Sitz der DDR-Volkskammer einzusetzen. Wird der Palast also bald auch in die offizielle Unesco-Liste des Weltkulturerbes aufgenommen, die inzwischen über 440 Objekte umfaßt und sich wie ein Reiseprospekt für Bildungsbeflissene liest?

Bisher wurden mittelständische Unternehmen (1.800 Mitarbeiter, s. o.) von der Unesco eigentlich nicht berücksichtigt. Aber bei dem 1973 eröffneten Palast handelt es sich unzweifelhaft um ein Repräsentationsgebäude – was man schon am Namen sieht und daran, daß er einigermaßen symbolträchtig anstelle des nach dem Krieg ohne Not abgerissenen alten Berliner Stadtschlosses erbaut wurde. Seit September 1990 wegen Asbestverseuchung geschlossen, soll das Gebäude nach dem Willen vom Bund und dem Senat eigentlich abgerissen werden. Wo nun aller Protest dagegen – hier geht es schließlich um Identität und Kultur einer ganzen Volkshälfte – bislang nicht gefruchtet hat, muß man da nicht geradezu übernational und am besten ganz oben um Hilfe schreien?

Das Argument, der Palast sei marode und schlechte Architektur, kann beruhigt zurückgewiesen werden. Der Schiefe Turm von Pisa mag zum Zeitpunkt seiner Neigung den Zeitgenossen wohl auch als äußerst schäbig und baufällig erschienen sein. Was, wenn sich dort die Abrißfraktion durchgesetzt hätte?! Oder Sacré C÷ur: scheußlich – aber ein Wahrzeichen. Und wurde nicht erst gerade neulich so eine vergammelte Eisenhütte auf die Liste gesetzt? Also: Asbest rausgekratzt, ein paar von den schönen Betonplatten vor die düstere Spiegelfassade, bißchen Farbe und ein paar Winkelemente an die Wände – fertig ist das Museum für ostdeutsches Alltagsbewußtsein. Garantiert weltkulturerbetauglich. Barbara Häusler