EU gibt grünes Licht für Atlas

■ Deutsch-französische Telekom-Ehe erlaubt. Konkurrenz bei Datenübertragung aber schon ab Sommer 1996

Brüssel (taz) – Das Monopol der deutschen Telekom bei Datennetzen fällt entgegen bisherigen Planungen schon Mitte 1996. Das war eine der Bedingungen der Europäischen Kommission für ihr ihr grundsätzliches Einverständnis, daß die deutsche und die französische Telefongesellschaft gemeinsam Datenübertragungsdienste anbieten. Nach langem Zögern gab gestern der Wettbewerbskommissar der EU, Karel Van Miert, grünes Licht für das sogenannte Atlas-Projekt. Im Gegenzug mußten die Postminister beider Länder zusichern, ab 1. Juli 1996 konkurrierende Netzanbieter neben den Telekoms zuzulassen.

Im Grunde geht es darum, daß sich die beiden Noch-Staatsunternehmen die besten Plätze sichern wollen, bevor ihre Monopole aufgehoben werden und die Konkurrenz auf dem lukrativen Markt der Telekommunikation antreten kann. Unter dem Dach von Atlas wollen sie Dienstleistungen aller Art anbieten, beispielsweise Datennetze wie Datex-P, mit denen Computer übers Telefon verbunden werden. Die Regierungen in Bonn und Paris unterstützen die Telekoms, nicht zuletzt weil bei der anstehenden Privatisierung der Staatsunternehmen höhere Erlöse zu erwarten sind, wenn die marktbeherrschende Stellung weiter bestehen bleibt. Außerdem sind die Telekoms Großunternehmen mit vielen Arbeitsplätzen.

Die EU-Kommission will dagegen einen starken Konkurrenzdruck schaffen, damit die Leitungsgebühren fallen und neue Kunden angelockt werden. Nach Erhebungen der Kommission sind die Preise für Mietleitungen in der Europäischen Union bis zu zehnmal so hoch wie etwa in den USA. Deshalb sind auch Dienste wie Internet oder Compu-Serve in Europa vergleichsweise teuer.

Schon im letzten Jahr haben die Postminister der EU-Staaten beschlossen, daß ab 1998 auch private Netzbetreiber den Telekom-Unternehmen Konkurrenz machen dürfen. Dieses Datum gilt nach wie vor, jetzt aber nur noch für das reine Sprechtelefon. Schon seit einiger Zeit bemüht sich die EU- Kommission, dieses Monopol für alle anderen Dienstleistungen wie Datenfernübertragung oder Videokonferenzen früher aufheben zu lassen. Mit der Genehmigung des Atlas-Projektes hat EU-Kommissar Karel Van Miert nun den Hebel gefunden, diesen Liberalisierungsschritt zumindest in Deutschland und Frankreich vorzeitig zu erreichen.

Bis zur endgültigen Genehmigung von Atlas Mitte nächsten Jahres müssen die Postminister ihre mündliche Zusage in Brüssel schriftlich hinterlegen, daß nämlich die sogenannten alternativen Netze bereits zum Juli 1996 zugelassen werden. In Deutschland betreiben die Stromkonzerne und die Bundesbahn flächendeckende Telefonnetze, die sie bisher nur zum internen Gebrauch nutzen dürfen. Ab 1996 können sie damit der Telekom auf den Fernverbindungen Konkurrenz machen. Außerdem werden die Telekoms verpflichtet, ihre Ortsnetze zu vernünftigen Preise an die neue Konkurrenz zu vermieten, damit diese mit ihren Fernleitungen beispielsweise von München nach Hamburg auch bis zu den Kunden durchschalten können. Alois Berger