■ Cash & Crash
: Elefantenhochzeit in Italien fällt aus

Rom (taz) – Was war das doch für ein Hosianna-Singen, ein Trällern und Jubilieren: „Rein hausgemacht“, und daher „von besonderer Güte“, befanden Wirtschaftszeitungen die vor gut sechs Wochen bekanntgegebene Fusionsabsicht des Versicherungs- und Finanzriesen Gemina (aus dem Hause Fiat) mit Montedison, dem Chemie-Giganten. Nur einige wenige Fusionsmuffel moserten, weil bei der Verbindung gleich drei Zeitungen zusammenkämen. La Stampa aus dem Hause des Fiat-Chefs Agnelli, der Corriere della sera, Italiens Flaggschiff, und il Messaggero erzielen zusammen gut 25 Prozent der italienischen Tagesauflagen, doch nur 16 Prozent sind in einer Hand erlaubt. Das alles wischten die Enthusiasten nationaler Fusionen jedoch schnell vom Tisch.

Doch nun ist alles Makulatur, und überall herrscht Katzenjammer. Neugierige Finanzermittler steckten ihre Nasen in die Sache und fanden reihenweise Löcher im Budget. Faktisch das gesamte Gemina-Management hat Ermittlungsbescheide bekommen. Vorwurf: eine in der Bilanz des Vorjahres versteckte Deckungslücke von mehr als 180 Millionen Mark. Inzwischen sind weitere „Löcher“ erkennbar – bei Rizzoli, der Corriere-Mutter fehlt mittlerweile fast eine dreiviertel Milliarde Mark. Kleinlaut gaben die Fusionskünstler am Wochenende bekannt, daß die Ehe verschoben werde – zunächst mal für zwei Monate. Insider gehen aber davon aus, daß am Ende nicht einmal mehr eine Verlobung bleiben wird.

Bei Gemina soll nun ein altbewährter Krisenmanager ran: der ehemalige Chef der Mailänder Börse, Guido Rossi, der schon das andere Unternehmen, Montedison, nach dem Selbstmord des total überschuldeten Ferruzzi-Eigners Raul Gardini saniert hatte.

Für Rizzoli ist die Entwicklung besonders traurig: Erstmals hatte der Corriere della sera in diesem Jahr wieder die Führung im durchschnittlichen Tagesverkauf (über 750.000, gegenüber der lange gleichaufliegenden la Repubblica mit 680.000) übernommen, und der Buchverkauf war erstmals wieder in die Nähe des landesweit größten Verlages, Mondadori von Berlusconis Fininvest, gekommen. Guido Rossi hat denn auch in seinen ersten Statements erkennen lassen, daß er zunächst versuchen würde, die mitverwickelten Medien zu retten – möglicherweise durch Herauslösen aus der Gemina.

Dann wäre, nach dem Versuch der Elefantenhochzeit, nun genau das Gegenteil passiert – statt Konzentration die Zerstückelung eines Großkonzerns. „Unter diesem Aspekt“, frohlockt denn auch einer der Fusionskritiker im staatlichen Rundfunk RAI, „könnten's ja andere Elefanten auch mal probieren.“ Werner Raith