„Das europäische Recht ändern“

■ Ulrike Hauffe über die Konsequenzen des Anti-Quoten-Urteils

taz: Können Sie als Bremer Frauenbeauftragte weiterarbeiten, nachdem Ihnen mit der Frauenquote das wichtigste Mittel zur Durchsetzung Ihrer Ziele genommen wurde?

Ulrike Hauffe: Natürlich können wir weiterarbeiten. Die Gleichstellung von Mann und Frau im öffentlichen Dienst ist ja nur eine unserer Aufgaben. Aber die Quote ist letztlich der wichtigste Hebel, der Frauen in Positionen bringt, die ihnen aufgrund ihrer Qualifikation zustehen.

Haben Sie diesen Hebel überhaupt genutzt?

Ja. Aber entscheidend waren gar nicht diese wenigen Fälle. Entscheidend war, daß viele Einstellungen und Beförderungen von Frauen im Vorfeld einvernehmlich verlaufen konnten, weil es diesen Hebel gab. Mit dem Gesetz im Rücken hat eine Bewußtseinsbildung stattgefunden, die Konflikte gar nicht erst entstehen ließ.

Sie waren selber einmal entschiedene Gegnerin der Frauenquote. Nun sagt der Generalanwalt der EU, Frauen würden durch die Quote diskriminiert, weil sie dann nur deswegen befördert werden, weil sie Frauen sind. Ist das Argument so falsch?

Natürlich. Es ist lange her, daß ich auch mal dieser Ansicht war. Damals war ich so naiv, daß ich gedacht habe, Frauen setzen sich durch, wenn sie qualifiziert sind. Ich wurde dann zur ersten Frauenbeauftragten in einer Bremer Behörde. Da habe ich sehr schnell gemerkt, daß Frauen nicht deswegen nicht eingestellt werden, weil sie nicht qualifiziert sind, sondern deswegen, weil sie Frauen sind und Männern Plätze wegnehmen. Damit war mir klar, daß es eine Quote geben muß.

Es ist Quatsch, wenn der EU- Anwalt sagt, das wäre eine Diskriminierung von Frauen. Es geht nicht darum, daß Frauen mit der Quote nur qua Geschlecht eingestellt werden. Sie werden doch nur dann bevorzugt, wenn sie die gleiche Qualifikation erbringen. Diese Chance hatten Männer schon immer. Bei gleicher Qualifikation wurden und werden sie bevorzugt.

Auf welche Aspekte Ihrer Arbeit werden Sie sich nun konzentrieren?

Wir werden nicht davon ablassen, die Qualifikation von Frauen besonders herauszuarbeiten. Jede Form der Existenzsicherung von Frauen wird weiterlaufen. Hier in diesen Bereichen wird sich die Zentralstelle sogar verstärkt engagieren, denn jetzt haben wir Wut im Bauch über diesen Rückschritt.

Mich wundert, daß Sie nicht sagen: Wenn der Europäische Gerichtshof so urteilt, müssen eben die Gesetze geändert werden.

Wir haben nur eine Möglichkeit: Wir werden die Bundesregierung auffordern, 1996 bei der Regierungskonferenz über die Maastrichter Verträge für eine Veränderung des EU-Rechts zu sorgen. Ich habe aber Zweifel, ob Bonn dieser Aufforderung folgt. Interview: Dirk Asendorpf