Das Portrait
: Dorn im Auge

■ Jimmy Lai

Der chinesische Premierminister Li Peng wird ein besonders kritisches Auge auf Jimmy Lai werfen, wenn Hongkong 1997 an China zurückfällt. Denn anders als die meisten Unternehmer in der britischen Kolonie hat der Pressezar keineswegs Furcht davor, die Politiker in Peking zu verärgern. „Ich hasse die Vorstellung, daß diese Regierung mein Leben durcheinanderbringen wird“, sagt er.

Der Hongkonger Geschäftsmann und Zeitungsverleger Jimmy Lai Foto: taz-Archiv

Mit dieser Ansicht hält er nicht hinterm Berg: So beschimpfte er Li Peng im vergangenen Jahr als „Schildkrötenei“, eine für chinesische Verhältnisse ungewöhnlich rüde Formulierung.

Jimmy Lai, 1948 in Kanton geboren, stammt aus einer wohlhabenden Familie, deren gesamtes Vermögen von der Kommunistischen Partei Chinas eingezogen wurde. Sein erstes Geld verdiente er als Straßenkind mit Diebstählen und Botengängen. Weil er gehört hatte, daß es in Hongkong Schokolade gebe, war es sein größter Traum, in diese paradiesische Stadt zu gelangen.

Als Zwölfjähriger ließ er sich im Rumpf eines Schiffes dorthin schmuggeln. Sofort begann er in Fabriken zu arbeiten. Mit 26 hatte er sein erstes eigenes Unternehmen, das Pullover herstellte und aus dem später die Ladenkette „Giordano“ wurde. Mit dem Verkauf von Jeans und T-Shirts wurde Jimmy Lai Multimillionär.

Als im Sommer 1989 Hunderttausende in Peking für demokratische Reformen auf die Straße gingen und die Regierung mit brutaler Repression darauf reagierte, war das auch für Jimmy Lai ein prägendes politisches Erlebnis.

Kurz darauf begann seine Verlegertätigkeit, zunächst mit dem Magazin Next, dann mit Apple Daily, einer Zeitung, die täglich 300.000 Exemplare verkauft. „Die Leute wissen, wo wir stehen und daß wir sagen, was gesagt werden muß“, betont Jimmy Lai.

Mit diesen journalistischen Aktivitäten hat er sich sowohl in Hongkong als auch in Peking Feinde gemacht. Im vergangenen Jahr wurden seine Redaktionsräume geplündert. Die Triaden, die chinesische Mafia, jagten als Racheakt sein Haus in die Luft.

Der Ärger in Peking ist kein gutes Zeichen, weder für Jimmy Lai selbst noch für seine Verlegertätigkeit. Vielleicht werde er verhaftet, sobald die chinesische Regierung ab 1997 Zugriff auf ihn habe, sagt er. Doch nur in dem Fall, daß sein Leben bedroht sei, wolle er Gebrauch von seinem britischen Paß machen. Catherine Sampson