Maxhütte muß pleite gehen

EU-Kommission verdonnert Maxhütte, 50 Millionen Mark Subventionen zurückzugeben. Bayern wird die Stahlfirma nicht los  ■ Aus Brüssel Alois Berger

Das bayerische Stahlwerk Neue Maxhütte GmbH wird um einen Konkurs nicht mehr herumkommen. Die Europäische Kommission kam nach längerer Prüfung gestern zu der Auffassung, daß die bayerische Staatsregierung seit drei Jahren illegale Subventionen an das Unternehmen zahlt. Die Kommission verlangt, daß die Maxhütte rund 50 Millionen Mark an den Staat zurückzahlt. Damit ist das Unternehmen mit seinen rund tausend Beschäftigten im Grunde pleite.

Das Stahlwerk im oberpfälzischen Sulzbach-Rosenberg ist seit langem eine unendlich traurige Geschichte mit der bayerischen Landesregierung in der Starrolle. Als das Unternehmen 1987 in Konkurs ging, schwang sich der damalige Ministerpräsident Franz Josef Strauß – es stand gerade eine Landtagswahl an – zum Retter auf und gab eine freistaatliche Bestandsgarantie für die 1.600 Arbeitsplätze ab. Seine Idee, 45 Prozent der Maxhütte-Anteile zu übernehmen und damit ins Stahlgeschäft einzusteigen, hat das Land mittlerweile fast eine halbe Milliarde Mark gekostet.

Seit 1990 butterte die neue Stahlfirma Bayern ohne irgendein unternehmerisches Konzept Jahr um Jahr Millionen in das marode Werk, nur um die laufenden Verluste zu decken. Die Miteigentümer, der Freilassinger Bau- und Stahlunternehmer Max Aicher und die Mannesmann AG, schenkten sich fällige Ersatzinvestitionen und ließen die Staatsregierung zahlen.

Im September 1994 leitete die Europäische Kommission ein erstes Verfahren wegen unerlaubter Beihilfen ein. Zwar darf die Staatsregierung als Gesellschafter durchaus Verluste übernehmen, aber nur wenn sich auch die anderen beiden Eigentümer gemäß ihrer Anteile daran beteiligen. Das war aber nicht der Fall: Bayern, mit lediglich 45 Prozent an der Maxhütte beteiligt, zahlte von März 1993 bis August 94 rund 93 Prozent der Verluste. So etwas gilt als Subvention und ist nach dem Stahlbeihilfekodex verboten. Diesen Vertrag haben alle Regierungen der Europäischen Union unterschrieben. Er soll verhindern, daß sich die Stahlwerke mit Steuergeldern gegenseitig in den Ruin dumpen.

Irgendwann im letzten Jahr hatte der öffentliche Stahlunternehmer Edmund Stoiber das unselige Erbe vom seligen Strauß satt und entschloß sich zum Verkauf. Nur wollte den Krempel niemand. Schließlich ließ sich der bisherige Mitgesellschafter Aicher erweichen, die Bayern-Anteile zu übernehmen. Eine Modernisierung und ein paar Ersatzinvestitionen müßten allerdings vorangehen. Ohne neue Anlagen könne man die Maxhütte nicht in ein selbständiges Privatleben entlassen. Summa summarum 200 Millionen müsse Bayern schon noch herausrücken. München nickte. Die Europäische Kommission schüttelte den Kopf. Gegen den Verkauf habe man nichts einzuwenden, aber es ginge nicht an, daß der Staat noch Geld hinterherwerfe. Ein negativer Kaufpreis gilt als Subvention, die ist verboten (siehe oben). Im April dieses Jahres untersagte die EU-Kommission den bayerischen Maxhütte-Entsorgungsplan. Seitdem wurschtelt Bayern weiter und zahlt die offenen Rechnungen der Maxhütte zu 100 Prozent. Die Miteigentümer halten sich inzwischen ganz heraus und überlassen das Finanzielle der bayerischen Staatsregierung. Insgesamt 50 Millionen hat sie seit 1993 in die Maxhütte gekippt, und die muß sie jetzt nach dem Willen der Kommission zurückverlangen.

Für den Stahlunternehmer Stoiber, der eigentlich keiner mehr sein will, ist das Vorgehen der EU- Kommission „völlig unverständlich“. Er hat die Bundesregierung bereits nach dem ersten Verfahren überredet, vor dem Europäischen Gerichtshof gegen das Subventionsverbot zu klagen. Tausend Arbeitsplätze stehen immer noch auf dem Spiel. Das ist viel in einem strukturschwachen Gebiet mit einer Arbeitslosigkeit um 15 Prozent. Doch auch für die EU-Kommission ist die Maxhütte längst mehr als eine kleine Subventionssünde. „Wenn wir das durchgehen lassen,“ sagt ein Mitarbeiter der Kommission, „dann ist der Beihilfekodex nichts mehr wert.“ Eine Reihe anderer Länder beobachteten seit langem, wie in Sulzbach- Rosenberg mit Steuergeldern geheizt werde. Verlangt die bayerische Landesregierung die Subventionen nicht zurück, würde damit ein Präzedenzfall geschaffen, der bald Nachahmer finden könnte.