Teflon und mehr

■ Der Gala-Empfang zu „Apollo 13“ sicherte Bremens Standort als Raumfahrts-Standort Nr. 1

Der Mann ist ein texanischer Tausendsassa: Captain Edgar („Ed“) Dean Mitchell, 65 und mit dem Apollo 14-Flug 1971 als sechster Amerikaner auf dem Mond, graduiert am Massachussets Institute of Technology (MIT), aktiv in Sachen Parapsychologie und nach wie vor glühender Verfechter der bemannten Raumfahrt kommt nach Bremen. Um die Raumfahrt-Initiative Deutschland zu promoten, die Premiere von Ron Howards neuem Film „Apollo 13“ anzukündigen – und 22 Originalfotos seiner legendären Mondfahrt zu signieren. Die Einnahmen kommen krebskranken Kindern zugute. Das alles kann die vielgeschmähte Raumfahrt für die Menschheit leisten. Besser: Das kann eine publicity-trächtige Hollywood-Großproduktion leisten, um der kleinen Raumfahrt-Initiative Deutschland auf die Beine zu helfen. Film sponsort Wirtschaft, so geht es auch mal.

Der Weltraum. Unendliche Weiten. Das UT-Kino-Foyer. Ungeahnte Enge. Das Apollo 13-Team (weiblich) bugsierte Tabletts mit Sekt über die Köpfe der Geladenen . Treffen der Herren Astronauten, Honoratioren, Firmensprecher, um den geladenen Gästen im Tivoli-Saal die Vorpremiere von „Apollo 13“, jener berühmten gescheiterten Mondfahrt, zu präsentieren und die Raumfahrt in Deutschland „transparenter zu machen“. Klar war man sich darüber, daß die großangelegte Weltraum-Story, die in den USA schon 160 Mio. Dollar eingespielt hat und gestern bundesweit mit 300 Kopien startete, eigentlich nur in Bremen Vorpremiere haben könnte. Wirtschaftssenator Hartmut Perschau sprach es aus: „Wo denn sonst?“ Salbungsvolles mischte sich vor der Vorführung mit Profanem. Dr. Wolfgang Wilke für die Raumfahrt-Initiative Deutschland mußte am Sprecherpult vor der Leinwand die Sponsoren des Abends deklamieren, Aerospace-Mann Pollvogt verwies auf die fabelhaften US space camps, wo schon Kinder begeistert Mondmissionen simulieren würden.„Wenn sie jemals in Alabama sind“, beschwor der gelernte Physiker den Saal, „gehen Sie hin!“ Gillespie erinnerte daran, daß Astronauten „worldwide heroes“ seien. Dann nahm sich der Aerospace-Sprecher zusammen und strahlte solide Betroffenheit aus. Saalverdunklung. Was nun? „Ich bitte Sie, sich zu einer Gedenkminute für Professor Reinhard Furrer zu erheben.“ Auf der Leinwand: das Konterfei Furrers, der in Berlin ein eigenes Forschungszentrum unterhielt. Dann kommt Ed Mitchell: „Wir brauchen motivierte, gut ausgebildete Leute, die später einmal einen Beruf in der Raumfahrt ergreifen können.“

Oder wenigstens einen Job im Space Park Bremen. Denn der soll „ein Jahr vor der Expo 2000“ schon seinen einjährigen Probelauf“ beendet haben, erhofft sich Wolfgang Wilke von der Raumfahrt-Initiative. Keine Disney World mit Schwerelosigkeit und passivem Konsumieren soll es werden, sondern Information, ja: kritische Information über Sinn und Zweck von Raumfahrttechnologie und -geschichte wird es geben. Daß einmal astronomische Summen in den militärischen Nutzen der Raumfahrt investiert wurden und alle Innovationen sich einem prestigeträchtigen Wettlauf der Supermächte zum Mond unterzuordnen hatten – vorbei, vorbei.

Wie überhaupt der ganze Mythos, den sich heute keiner mehr leisten will. „Wozu braucht man eine bemannte Raumstation? Sind nicht auf der Erde noch genügend Probleme zu lösen?“ fragt sich die Europäische Weltraumorganisation ESA schon selbst. Etwa die Weiterentwicklung der Teflon-Pfanne, jenes menschheitsbeglückenden berühmtesten Abfallproduktes der Raumfahrt. Doch Captain Ed Mitchell ist ein Held wie Captain James T. Kirk. Da fragt man nicht danach, ob man das braucht oder nicht. Hat Ed Mitchell auf Apollo 14 etwa Angst vor dem Start gehabt, nachdem Apollo 13 beinahe im All geblieben wäre?

Alexander Musik