Einer schwenkt das rote Tuch, der andere schnaubt

■ PDS-Frontmann Gysi und CDU-Fraktionsvorsitzender Landowsky im Gespräch

Politische Delikatessen sind auf dem Speiseplan deutscher Politik so schwer zu finden wie Trüffel im Wald. Dazu braucht es einen guten Riecher und Ausdauer. Eigenschaften, die Klaus Bubolz, Vorsitzender des Kulturvereins „Brücke 7 e.V.“ in Schöneweide, hat. Klaus wer? War der ehemalige Schlafwagenbetreuer bisher nur in Szenekreisen bekannt, wird er seit Mittwoch abend im gleichen Atemzug mit Gregor Gysi und Klaus-Rüdiger Landowsky genannt. Denn Bubolz hat es mit einer Ausdauer, die selbst ein unersättliches Trüffelschwein erblassen läßt, geschafft, den Chef der PDS-Bundestagsgruppe und den Fraktionsvorsitzenden der CDU an einen Tisch zu bringen.

Sieht man das versteinerte Gesicht von Klaus-Rüdiger Landowsky beim Betreten des überfüllten „Spezialcafés“ denkt man an Nötigung. „Bubolz machte mich breit“, glaubt er sich für sein Kommen entschuldigen zu müssen. „Ich bin nicht wegen Gysi hier, sondern wegen der siebzig Prozent, die nicht die PDS wählen“, stellt der CDU- Hardliner klar. Es sei ein Gerücht, daß ihn Parlamentspräsidentin Hanna Renate Laurien, neben Stefan Heym und Günther Grass Kuratoriumsmitglied des Vereins, zu dem Treffen gescheucht habe.

Um auch nur den klitzekleinsten Anflug eines Verdachts, er könne mit Gysi und seinem Trupp irgendwie sympathisieren, aus dem Weg zu räumen, blickt Landowsky exemplarisch von Gysi weg. Erst recht, wenn er das Wort an ihn richtet. Riskiert er dann im Laufe der zweistündigen Diskussion doch das eine oder andere neugierige Auge, sieht er aus wie ein Magenkranker, dessen Geschwür jeden Moment aufplatzen könnte. Nicht auszudenken, wenn vier Tage vor der Wahl einem der zahlreichen Fotografen ein kompromittierendes Foto gelänge.

Gysi dagegen sitzt auf der Lauer. Doch weil er genauso wenig wie Landowsky weiß, was ihn bei diesem Duell erwartet, hat er sein gewohntes selbstbewußtes Siegerlächeln vorerst ausgeblendet. Nach dem Motto „Die Lage ist ernst, aber nicht hoffnungslos“ blickt er in die Runde. Die Spannung im Raum erinnert an einen Stierkampf. Doch wer in der Kellerarena ist der Stier und wer der Torero? Landowsky schnaubt zwar, doch er greift nicht wirklich an. Gysi wedelt mit dem roten Tuch, doch es hängt lasch in seiner Hand. Da kommt Bubolz, der Mann, der Trüffel finden, aber nicht zubereiten kann, und setzt als männlicher Schreinemakers die Banderillas: Bekenne, „Landi“, wo liegen die Schwachstellen bei der CDU? Bevor sich Landi reumütig zu einem zu leichtfertigen und arroganten Umgang mit der Einheit bekennt, verlangt er von Gysi eine klare Zäsur mit der SED-Vergangenheit. Als die Reihe an Gregor ist und er gesteht, daß die Politik seiner Partei noch viel konkreter werden müsse, sieht Landowsky aus, als hätte sich eine Banderilla in seine Schulter gebohrt.

Doch der Schaukampf war nicht nur eine Offenbarung der ohnehin bekannten Welten, die zwischen dem PDS-Frontmann und dem CDU-Hardliner liegen. In einigen Punkten waren sich die beiden einig: Das Sowjetmodell habe sich erledigt, die Rechten müsse man bekämpfen. So endete der Abend wie ein fairer, aber langweiliger Boxkampf. Die Kontrahenten bestätigten sich ihre Stärken im Austeilen und Einstecken. Nur die Hand gaben sie sich nicht. Barbara Bollwahn