■ Rosi Rolands Bremer Geschichten: Sparkasse speist Frauen ab
Wenn einmal im Jahr die Männer beim Schaffermahl im Rathaus unter sich bleiben, dann ist das die exklusive Gesellschaft der Wichtigen und Wichtigtuer. Zum 21. Mal haben am Donnerstag die Frauen dagegengehalten. Zu ihrem Schafferinnenmahl werden „traditionell Frauen eingeladen, die nicht die Spitze, sondern das Fundament der Gesellschaft bilden, Frauen die neue Wege beschreiten oder sich für Menschen, Menschenrechte einsetzen.“ So jedenfalls sprach Barbara Matuschewski, 1. Schafferin.
Dumm nur, daß die schöne Absicht mit der nüchternen Teilnehmerinnenliste so gar nicht zusammenpassen will. Denn die besteht zu mehr als der Hälfte aus Bremer Spezialdemokratinnen. Alle haben sie das Parteibuch der großen alten Tante SPD in der Tasche, die meisten von ihnen gehören zudem noch der „Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischerFrauen“ (ASF) an. Die sorgt schließlich – mit ihrem letzten noch funktionierenden Arbeitskreis – auch jedes Jahr für Organisation und Einladung zum Schafferinnenmahl.
„Regelrecht abgetrotzt“ wurde der SPD-Bürgerschaftsfraktion das erste Schafferinnenmahl vor 21 Jahren. So war am Donnerstag zu hören. Inzwischen tafeln die Frauen jedoch längst nicht mehr auf eigene Rechnung oder so wie früher auf die der SPD oder der SPD-Fraktion. 4.000 Mark steuerte in diesem Jahr die Bremer Sparkasse zur Bewirtung der Schafferinnen bei. Das dürfte nicht nur für das Menu – grüne Pfeffersauce, Hühnerfrikassee mit Dosenspargel und Konservenklößchen, Nachtisch Rote Grütze – gelangt haben, sondern auch noch für Blumen, Musikbegleitung und Referentinnenhonorar.
Dafür berichtete die Europaabgeordnete Barbara Simons von der Frauenkonferenz aus China. Zuhören und mitessen durften auch die Senatorinnen Tine Wischer und Bringfriede Kahrs sowie als „Ehrengast“ Luise Scherf.
Erstmals war die Bürgermeistergattin von den Schafferinnen damit als Anhängsel ihres Mannes geladen worden. Bekannt ist sie in Bremen eigentlich als Aktivistin für amnesty international und mittelamerikanische Friedensgruppe. Doch das scheint sie nach der Schafferinnen-Erfahrung nun auch selber ändern zu wollen. Die Protokollabteilung des Rathauses teilt mit, Luise Scherf werde beim Bremen-Besuch von Bundespräsident Herzog gemeinsam mit dessen Frau Christiane die Kinderabteilung des Krankenhauses Links der Weser besichtigen. Die Politik machen derweil wieder die Wichtigen und die Wichtigtuer im Rathaus. Rosi Roland
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