Optimismus vor der Wahl

■ Eberhard Diepgen (CDU) und Ingrid Stahmer (SPD) wollen ihre Parteien morgen durch die Wahlen zur jeweils stärksten Kraft in der Stadt machen

Optimismus und Panikmache – vor der morgigen Landtagswahl haben die Großparteien zum allerletzten Mal auf die Werbetrommel geschlagen. Im Gleichklang gaben sich gestern die Spitzenkandidaten von SPD und CDU zuversichtlich, ihre Parteien jeweils zur stärksten Kraft in der Stadt zu machen.

Einen „Schicksalskampf“ nannte gar der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) den Urnengang und warnte erwartungsgemäß vor einer rot-grünen Koalition, durch die die Entwicklung Berlins gebremst werden würde. Seine SPD-Herausforderin Ingrid Stahmer, die derzeit Sozialsenatorin in der Großen Koalition mit der CDU ist, erklärte, sie habe „immer noch gute Chancen, den Wechsel im Roten Rathaus zu schaffen“.

Bei den Wahlen bewerben sich Vertreter von 19 Parteien und Wählervereinigungen um die 150 Sitze des Abgeordnetenhauses. Die letzten Umfragen sehen die CDU klar vorne, während den Sozialdemokraten starke Verluste vorhergesagt werden.

Stahmer räumte ein, daß sich der Führungsstreit der Bonner SPD negativ auf den Berliner Wahlkampf der Partei ausgewirkt habe. Wie in den letzten Wochen wiederholte sie gestern ihre Linie: Eine Neuauflage der bestehenden Koalition sei nach dem 22. Oktober grundsätzlich ebenso denkbar wie ein Zusammengehen mit den Bündnisgrünen. Erneut schloß sie eine Tolerierung einer rot-grünen Minderheitsregierung durch die PDS aus. Kurz vor Urnengang fand Stahmer, die einen unspektakulären und ruhigen Wahlkampf geführt hatte, überraschend harte Töne für ihren Koalitionspartner. Die CDU attestierte sie einen Angstmacher-Wahlkampf der „Volksverdummung und der bösartigen Verleumdung“.

Eine klare Absage erteilten sowohl Stahmer als auch Diepgen dem Vorschlag einer von der SPD geduldeten CDU-Minderheitsregierung, wie er in der letzten Woche von SPD-Bezirkspolitikern ins Gespräch gebracht worden war. Diepgen nannte ein solches Modell angesichts der Umwälzungen in Berlin „unverantwortlich“. Die künftige Regierung müsse in jedem Fall über eine solide Mehrheit im Abgeordnetenhaus verfügen. 48 Stunden vor der Wahl trat Diepgen Vorschlägen von Finanzsenator Elmar Pieroth (CDU) entgegen, wegen der in diesem Jahr erwarteten geringer ausfallenden Steuereinnahmen von 1, 7 Milliarden Mark weitere 25.000 Stellen abzubauen. Dies sei „unrealistisch“.

Parallel zur Abgeordnetenhaus- wahl entscheiden die 2,49 Millionen Wahlberechtigten auch über eine neue Landesverfassung und die Zusammensetzung der Bezirksverordnetenversammlungen in den 23 Stadtbezirken. An dieser Kommunalwahl dürfen erstmals in der Bundesrepublik Bürger aus anderen Ländern der Europäischen Union (EU) teilnehmen. Wahlberechtigt sind in Berlin 54.000 EU-Ausländer.

Aus den vorangegangenen Wahlen zum Berliner Landesparlament im Dezember 1990 war die CDU mit 40,4 Prozent der Stimmen als stärkste Kraft hervorgegangen. Die SPD kam auf 30,4 Prozent. Die Alternative Liste und Bündnis90/Grüne schafften zusammen 9,3 Prozent, die PDS brachte es auf 9,2 Prozent. Die FDP wurde mit 7,1 Prozent gewählt. taz/afp/dpa