In Feindesland

■ Sudanese kam aus dem Libanon, mußte aber in den Sudan zurück

Frankfurt/Main (taz) – Drei Tage haben Bundesgrenzschutz (BGS) und Innenministerium gebraucht, um eine offizielle Erklärung zu der von der Flüchtlingshilfeorganisation „Pro Asyl“ aufgedeckten widerrechtlichen Abschiebung eines Sudanesen in den Sudan zu formulieren. Der BGS am Rhein-Main-Flughafen hatte den im Sudan von Verfolgung bedrohten Mann vom Stamme der Nuba am 10. Oktober 1995 eigenmächtig nach Khartum abgeschoben, obgleich der Mann aus dem Libanon eingereist war.

Sowohl das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge als auch das Verwaltungsgericht in Frankfurt am Main hatten entschieden, daß der abgelehnte Asylbewerber „aus Gründen der Verfolgungssicherheit“ nur in den Libanon gebracht werden dürfe. In der Erklärung aus dem Bundesinnenministerium heißt es jetzt, daß die Beamten des BGS vor Ort zwar „nicht hinreichend problembewußt“, aber doch „durchaus formalgesetzmäßig“ gehandelt hätten. „Formalgesetzmäßig“ sei der Sudanese nämlich nicht in die Bundesrepublik eingereist, sondern habe sich im Rahmen des „Flughafenverfahrens“ im Transitbereich „aufgehalten“. Deshalb, so heißt es in der Erklärung aus dem Hause Kanther (CDU) weiter, habe ihn der BGS auch nicht in den Sudan abschieben, sondern nur „zurückführen“ können.

Ein Zielort für eine „Zurückführung“ sei aber weder vom Bundesamt noch vom Verwaltunsgericht benannt worden. Der Nuba hatte den Sudan als politisch Verfolgter aber schon vor drei Jahren verlassen und war in den Libanon gereist. Er hätte deshalb, nach Auffassung eines Verwaltungsrichters in Frankfurt, der ungenannt bleiben will, „selbstverständlich“ auch in den Libanon „zurückgeführt“ werden müssen. Zudem habe der Mann über gültige Aufenthaltspapiere und eine Arbeitserlaubnis für den Libanon verfügt.

Minister Kanther hat jetzt lediglich das Bundesamt angewiesen, bei „Zurückführungen“ für alle dafür in Betracht kommenden Länder ausführlich zu begründen, ob „Abschiebehemmnisse“ (!) vorliegen. Und der BGS möge doch bitte in Zukunft bei „Rückführungen“ bei „derart schwierigen Ausnahmefällen“ abwarten, bis die Entscheidungsgründe der Verwaltungsgrichter vorliegen. kpk