Steinberg (60) meets Kautsky (jun.)

Auf dem Teerhof hat die Uni ein „Gästehaus“: Gestern stand dort der Historiker Hans-Josef („Hajo“) Steinberg inmitten von 80 Gratulanten: der Kautsky-Forscher und zeitweilige Rektor der Uni wurde 60. Gekommen war auch der Enkel des großen deutschen Sozialdemokraten Karl Kautsky, der erfolgreich für die ihre Verankerung der SPD in demokratischer Tradition gestritten hat. Kautsky starb 1938. Der Enkel, als „Hans“ 1922 geboren, nennt sich „John“ und lebt seit 1939 in den USA.

Nur zur Befreiung seiner deutschen Heimat war er mit der Waffe in der Hand 1943 kurz zurückgekehrt. John Kautsky ist in St. Louis Politikwissenschaftler geworden, sein „Lieblingsbuch“ handelt aber nicht vom Großvater, sondern von vorindustriellen politischen Systemen. Vor sieben Jahren war Kautsky jun. das erste Mal in Bremen – beim Kautsky-Kongreß. Damals hat der Enkel, der Kautsky nur als Kind kennengelernt hatte („Ich glaube nicht, daß er gewußt hat, wie man mit Kindern umgeht“), allerlei Privates über seinen Großvater erfahren.

Breiter und außerhalb von Kreisen, die an der sozialdemokratischen Geschichte besonders interessiert sind, ist Kautsky vor allem in Rußland bekannt – aus den Polemiken, die Lenin gegen den deutschen Sozialisten und Demokratenverfaßt hatte. Daß Kautsky mit seinem Insistieren auf Demokratie Recht behalten hat, freute das Geburtagskind vom Sonntag denn auch besonders. Und daß es schon zu seinem 60ten eine Festschrift gibt (Temmen). K.W.

Foto: Hajo Steinberg, John Kautsky (rechts) Foto: M.M.