Kapitalismus betrogen

■ Bankrotte Nachhilfeschulen für 1,5 Mio. verkauft

Vor dem Bremer Landgerichtsteht ein Wirtschaftsverbrechen zur Verhandlung: Betrug in Millionenhöhe. Auf der Anklagebank sitzt das Ehepaar Elke und Claus-Günther D., beide sind an der Bremer Uni zu Pädagogen ausgebildet worden. Das war in den 70er Jahren. Wer damals mit dem „Kommunisten Studentenverband“ (KSV) zu tun hatte, dem waren die beiden wohlbekannt – wegen ihres geschäftlichen Genies. Reihenweise haben KSV-Mitglieder auf Vermittlung der D. Sterbeversicherungen abgeschlossen – und nach zwei Wochen gekündigt. Die Provision kam – nein, nicht in die Parteikassen, sondern in die Privatkasse der D. Bis aus Hamburg die Order kam: Den Kapitalismus soll man nicht privat betrügen, sondern offen politisch bekämpfen.

Schon während ihres Studiums hatten die D. private Nachhilfeschulen aufgebaut. Als die Belegschaft sich zusammentun wollte, um ihre Interessen besser vertreten zu können, splittete D. sein Unternehmen in viele kleine Betriebe. Der Fall landete vor dem Arbeitsgericht, aber D. expandierte übers flache norddeutsche Land. Wenig später muß D. seine Firmen, obwohl es dem kleinen Imperium wirtschaftlich nicht sonderlich gut ging, lukrativ verkauft haben. Dies ist der Hintergrund zu dem derzeitigen Prozeß vor der Wirtschaftskammer: Betrug in 18 Fällen über eine Summe von ungefähr 1,5 Millionen Mark.

Elke und Claus-Günther D. hatten immer wieder neue Gesellschaften gegründet. Als 1984 der Bankrott vor der Tür stand, meldeten beide nicht den Konkurs an, sondern begannen, Anteile ihrer Sprachinstitute oder komplette Schulen zu verkaufen. Dabei sollen, was die Käufer aber erst zu spät bemerkten, Abrechnungen gefälscht und nicht vorhandene Gewinne vorgetäuscht worden sein.

Von einem „ausufernden Verfahren“ spricht der Verteidiger des Claus-Günther D. und tut, was er kann, das Verfahren auszudehnen. Da die vorgeworfenen Taten bereits zehn Jahre zurückliegen, versucht die Verteidigung die gesamte Anklage wegen Verjährung zu kippen. Dies gelingt nur, wenn nachgewiesen werden kann, daß die Staatsanwaltschaft in den zehn Jahren nicht den Gesetzen entsprechend in diesem Fall tätig war. Also wird versucht, eine vor fünf Jahren stattgefundene Zusammenkunft zwischen Angeklagten und Staatsanwalt als nicht formell korrekt nachzuweisen. Beim nächsten Verhandlungstermin soll entschieden werden, ob das Verfahren überhaupt stattfinden soll. (30.10., 9 Uhr) abi