: Blutsverwandt nur mit der Mutter
■ Eine Laune der Natur spielt mit den Chromosomen eines dreijährigen Jungen
London (dpa) – Nur mütterliche Chromosomen und keine Spur vom Erbgut des Vaters fanden britische Wissenschaftler in den Blutzellen eines dreijährigen Jungen. Sie waren im höchsten Maße verblüfft, denn das männliche Y-Chromosom fehlte den Blutzellen völlig – als sei der Junge das Ergebnis einer jungfräulichen Geburt. In der Natur ist eine Jungfernzeugung nichts Außergewöhnliches. Viele Pflanzen, Insekten und sogar Echsen pflanzen sich regelmäßig asexuell fort. Säugetiere – und somit auch Menschen – dagegen brauchen bekanntlich das Zusammenspiel der männlichen und weiblichen Geschlechtszellen, damit aus der Eizelle ein Lebewesen entstehen kann. Unbefruchtete Eizellen teilen sich zwar manchmal, sterben dann aber sehr schnell wieder ab.
Die noch größere Überraschung kam dann bei der weiteren Untersuchung des Jungen, berichtet das britische Wissenschaftsmagazin New Scientist: Die Hautzellen des Jungen besaßen den normalen Chromosomensatz und hatten sich offensichtlich aus einer Kombination von Genen weiblichen und männlichen Ursprungs entwickelt. Außer einer leichten Asymmetrie im Gesicht ist der Junge völlig normal. – Des Rätsels Lösung liegt in einem sehr seltenen Zufall, vermutet der britische Genetiker Davis Bonthron von der Universität Edinburgh. Die aktivierte Eizelle müsse sich geteilt haben, und in einer frühen Phase der Entwicklung sei eine Zelle des Keimes anschließend von einem Spermium befruchtet worden. Im weiteren Verlauf könnten die befruchteten Zellen Funktionen übernommen haben, die den unbefruchteten fehlen und normalerweise bei jungferngezeugten Keimen das weitere Wachstum verhindern.
„Ich glaube nicht, daß wir noch einmal so etwas sehen werden“, sagte David Bonthron. Das Zusammentreffen besonderer Umstände, die zu der gemischten genetischen Zusammensetzung des Jungen führten, sei wahrscheinlich extrem selten. Dazu müsse die Ausnahmeerscheinung einer sich selbst entwickelnden Eizelle in die sehr kurze Zeitspanne der Befruchtung fallen. Und das wird sicherlich nicht sehr häufig geschehen.
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