■ Wuppertal-Institut zu einem „verträglichen Deutschland“
: Wer ist zukunftsfähig?

Endlich. Von jetzt an kann niemand mehr sagen, die Herausforderungen einer wachsenden Menschheit und ihrer wachsenden Überlebensansprüche seien so komplex, daß sie sich der politischen Auseinandersetzung in Deutschland entzögen. Eine Umweltorganisation und ein kirchliches Hilfswerk haben WissenschaftlerInnen ein Konzept für ein zukunftsfähigeres Deutschland entwickeln lassen. Fazit: Wir alle müssen in Zukunft weniger verbrauchen und mehr genießen.

Die Regierung, die sich schon beim Thema ökologische Steuerreform versagte, läßt auch diesmal andere über die Zukunft nachdenken. Lieber streiten Krämerseelen über die Gestalt der Kfz-Steuer und weitere Forschungsmillionen für Rüstungs- und Autokonzerne. Die großen Zukunftsaufgaben, von denen der Kanzler immer schwadroniert, liegen außerhalb der geistigen Reichweite dieser Regierung.

Was sie konzeptionell nicht leistet, wird sie, so ist zu befürchten, durch Blockade wiedergutzumachen versuchen. Die Bedenkenträger stehen schon in den Startlöchern. Ein Wirtschaftsminister, der erst die Steuern senken will, bevor er über eine ökologische Steuerrefom nachdenkt. Ein Finanzminister, in dessen Partei die Diskussion der ökologischen Steuerreform zum Sakrileg wird. Gestützt wird dieser Verein von einem Unternehmerlager, das neue Erkenntnisse nur im Schneckentempo in Produkte umsetzt und, statt Ideen zu entwickeln, lieber Steuergeschenke anmahnt. Und von Gewerkschaftern, denen neue Kampfjets, PVC-Fenster und die S-Klasse allemal lieber sind als Konversion und die Zukunftsfähigkeit ihrer Produktion und der Industriegesellschaft.

Das wichtigste Argument der Blockierer wird wieder einmal sein, daß die Weltmarktkonkurrenz und die mangelnde Unterstützung der Partner in der EU prononcierte Reformschritte ins 21. Jahrhundert nicht zulassen. Doch mit diesem Argument wird Schindluder getrieben. Legte man die gleiche Elle auch bei der vom Kanzler gehätschelten Währungsunion an, könnte man sie mangels Unterstützung der EU-Partner gleich vergessen.

Außerdem wären die Deutschen mit den Reformschritten so allein nicht. Ein Blick nach Dänemark genügt. Dort hat Umweltminister Svend Auken Ende August angekündigt, daß er seine Umweltpolitik künftig am Konzept des begrenzten Umweltraumes orientieren will. Wer mit Luxemburg allein die Europäische Währungsunion machen kann, sollte mit Dänemark die europäische Zukunftsunion allemal angehen. Hermann-Josef Tenhagen