Sandinisten müssen für Häuser zahlen

Grundstücksstreit in Nicaragua nach 5 Jahren beendet / Agrarreform hat grundsätzlich Bestand / Carter vermittelt faulen Kompromiß, der Interessen der Somoza-Günstlinge wahrt  ■ Aus Managua Ralf Leonhard

Nach fünf Jahren ist ein brisanter innenpolitischer Streit Nicaraguas beigelegt, ohne daß jemand damit vollständig zufrieden wäre. Enteignete Grundstücke werden nicht zurückgegeben. Selbst die Liegenschaften, die die Sandinisten im Frühjahr 1990 nach ihrer unerwarteten Wahlniederlage neuen Besitzern überschrieben, bleiben in deren Händen. Die früheren Eigentümer werden jedoch von den neuen Besitzern entschädigt. Da auch Regierung und Armee zu den rund 170.000 Neueigentümern zählen, bringt diese Regelung den Staat in arge Finanznot: Das rentabelste Staatsunternehmen, das Telekommunikationsinstitut, muß verkauft werden. Dabei zahlt der Staat nur mit sogenannten Regierungsbons, die an der Börse mit 20 bis 40 Prozent ihres Nennwertes gehandelt werden.

Obwohl der Gesetzentwurf von allen Beteiligten kritisiert wurde, stimmten ihm jetzt sowohl die beiden sandinistischen Fraktionen in der Nationalversammlung als auch die Christdemokraten und die regierungstreuen Kleinparteien zu. Lediglich die äußerste Rechte votierte dagegen. Grund für die breite Zustimmung ist vor allem, daß der fünfjährige Streit bislang eine politische Stabilisierung verhinderte und Investoren abschreckte. Bereits im Sommer gaben daher alle Konfliktparteien eine gemeinsame Willenserklärung in Montelimar ab, wohin sie der auf Schlichtungen abonnierte Ex-US-Präsident Jimmy Carter eingeladen hatte.

Bis dahin hatten die Sandinisten an den aus ihrer Sicht gültigen Übertragungen nicht rütteln lassen wollen. Allerdings war ein Großteil der nach der Wahlschlappe hastig vorgenommen Besitzerwechsel wegen bürokratischer Schlamperei nie durch Änderungen im Grundbuch rechtlich abgesichert worden. Als skandalös wurde vielfach empfunden, daß sich die Comandantes und Funktionäre unter dem Deckmantel der Agrarreform noch kurz vor der Regierungsübergabe an Violeta Chamorro Herrschaftshäuser zuschanzten.

Das veranlaßte die Alteigentümer zu fordern, gleich die gesamte Agrarreform rückgängig zu machen. Dabei war die überwiegende Zahl der Liegenschaften in der Regierungszeit der Sandinisten an Kleinbauern oder Genossenschaften übertragen worden. Politischen Druck übten die Kritiker in der letzten Zeit auch damit aus, daß sie den Medien eine Liste mit 2.700 zunächst abgewiesenen Anträgen auf Legalisierungen zukommen ließen. Neben anderen Revolutionsführern fand sich darauf Ex- Präsident Daniel Ortega mit neun Immobilien, die Armee mit mehr als 60 Grundstücken. Finanzminister Pereira beteurt, die Liste sei hinter seinem Rücken weitergegeben worden, zudem fehlerhaft und unvollständig.

Ein fahler Geschmack haftet dem Kompromiß auch durch die Rolle Jimmy Carters an. Der nämlich bestand auf der vollständigen Entschädigung von etwa 1.500 US- Amerikanern, deren Güter während der sandinistischen Ära konfisziert worden waren. Obwohl es sich meist um Günstlinge des Diktators Somoza handelte, die ihre Haciendas und Fabriken entkapitalisierten und erst im Exil die neue Staatsbürgerschaft annahmen, setzte die US-Botschaft in Managua der Regierung die Daumenschrauben an. Die sandinistische Tageszeitung publizierte jetzt eine Liste von Somoza-Freunden, denen großzügige Entschädigungen gezahlt wurden.

Angeführt wird diese vom ehemaligen Major der Nationalgarde, Donald Spencer, in dessen Fabrik die gegen die Bevölkerung eingesetzten 500-Pfund-Bomben hergestellt wurden. Spencer, einer der wenigen, die schon vor dem Umsturz US-Bürger waren, arbeitet jetzt für den Wahlkampf des rechtsextremen Arnoldo Aleman, der vor sechs Wochen als Bürgermeister von Managua zurücktrat, um sich als Präsident zu bewerben.