„Die SPD hätte von der Schlappe ausgehen müssen“

■ SPD-Bundesgeschäftsführer Müntefering macht das Sommertheater für die Niederlage in Berlin verantwortlich, nimmt aber Parteichef Scharping in Schutz.

Bonn (taz) – Als Niederlage für die SPD, aber auch für die CDU und FDP bezeichnete der SPD- Bundesgeschäftsführer Franz Müntefering das Ergebnis der Berliner Wahl kurz nach 18 Uhr in Bonn. Doch hätten die Sozialdemokraten von einer solchen Schlappe ausgehen müssen, „nachdem einige in der Sommerpause ein Sommertheater ausgelöst haben“, das den Berliner Genossen geschadet habe. Müntefering betonte aber, daß Parteichef Rudolf Scharping die Querelen nicht ausgelöst habe.

Müntefering machte unmißverständlich deutlich, daß es für die SPD in Berlin keine Koalition mit Tolerierung der PDS gebe. Der Erfolg der Partei gerade im Osten der Stadt versteht er als „Aufforderung an die demokratischen Parteien, sich um die Wähler und Wählerinnen zu kümmern“. Ob die Sozialdemokraten sich mit der CDU wieder zu einer großen Koalition verbünden würden, müßten die Berliner entscheiden. Der Spitzenkandidatin Ingrid Stahmer zollte der Bundesgeschäftsführer Lob und bedauerte, daß sie aus Bonn „eher Gegenwind“ bekommen habe. Er appellierte an alle Genossen und Genossinnen, nun endlich wieder „einig und gemeinsam“ die Politik der SPD zu vertreten und mit dem Mannheimer Parteitag die Reihen neu zu schließen. „Hätte die Wahl in Berlin vier Wochen später stattgefunden, hätten wir besser ausgesehen“, glaubte er. Das miese Wahlergebnis der FDP mit Wirtschaftsminister Rexrodt als Spitzenkandidat bezeichnete MÜntefering als „Existenzfrage“.

Für den FDP-Generalsekretär Guido Westerwelle hat das Wahlergebnis für Bundeswirtschaftsminister Günter Rexrodt keine Konsequenzen. Rexrodt habe nicht zur Abstimmung gestanden. Er leiste als Minister gute Arbeit. Auch Westerwelle räumte eine Wahlniederlage für seine Partei ein. Machte dies aber vor allem an dem für die Liberale „schwere Pflaster“ in Berlin fest. Dort hätten sie einen Wahlkampf gegen alle anderen führen müssen. Er zeigte sich zuversichtlich, was die Wahlergebnisse im März in drei anderen Bundesländern angeht.

Keine vernünftige Alternative zu einer Großen Koalition unter Eberhard Diepgen sieht CDU-Generalsekretär Peter Hintze. Der Wähler habe den Auftrag für die Fortsetzung des Bündnisses erteilt. Seine Partei sei zwar „nicht ganz an die Ideallinie der Einheitswahl“ herangekommen, aber stärkste Partei geblieben, sagte Hintze gestern abend. Für den Stimmenverlust der Sozialdemokraten machte er „die drei Fragezeichen“ der SPD verantwortlich: „Die Führungsfrage, die Richtungsfrage und die Bündnisfrage“. Karin Nink