We are the Champions

Bei den Direktmandaten hat die CDU die meisten Kandidaten durchbringen können, gefolgt von der PDS. Grüne errangen zwei Direktmandate in Kreuzberg. Momper nun APO-Mann. Auch eine Leiche wurde gewählt  ■ Von Rolf Lautenschläger

Färbte man den Stadtplan nach der Auszählung aller 90 Wahlkreise ein, Westberlin leuchtete schwarz und Ostberlin rot – dazwischen funkelten, wie Inseln im Meer, ein paar grüne und rosarote Einsprengsel. Mit satten 51 Direktkandidaten fuhr die CDU den Löwenanteil der Direktmandate ein. Die PDS gewann 34 Wahlkreise. Das Wahldesaster der SPD auf Landesebene spiegelte sich auch in der Zahl ihrer Direktmandate: Ganze 3 (in Worten: drei) Politiker erhielten die Erststimmenmehrheit. 1990 waren es noch 37 Direkte für die Sozialdemokraten und 12 für die PDS gewesen.

Die Bündnisgrünen kamen bei der Berlin-Wahl zwar nur auf zwei Wahlkreissieger. Dennoch bedeutet dies ein Novum: Die grüne Partei konnte sich erstmals bundesweit mit Direktkandidaten in einem Landtag plazieren. Barbara Oesterfeld (39,4 Prozent) und Riza Baran siegten beide in Kreuzberg. Die dritte aussichtsreiche Direktkandidatin Marianne Birthler verpaßte dagegen im Wahlkreis 4 in Prenzlauer Berg den Durchmarsch ins Abgeordnetenhaus. Mit 40 Stimmen Unterschied wurde sie hinter PDS-Mann Bernd Holtfreter nur zweite.

Groteskerweise gibt es auch bei der SPD Gewinnerinnen: Ingrid Stahmer wurde in Charlottenburg mit 38,2 Prozent gewählt, Heidemarie Fischer hatte in Wedding die Nase vorn. Christine Bergmann verteidigte ihren Wahlkreis im Osten: In Hellersdorf brachte sie es auf 32 Prozent.

Zu den Verlierern in der SPD zählen Wolfgang Nagel („Jetzt sehe ich schwarz“), der in Wedding am CDU-Mann Heiner Rathje kläglich scheiterte. Lore Maria Peschel-Gutzeit unterlag in Tempelhof gegen den CDUler Joachim Plam (57 Prozent). Während Parlamentsvize und Rosenzüchter Tino Schwierzina sein Weißenseer Direktmandat an die PDS abgeben mußte, kam für Walter Momper das Total-Aus. Der Ex-Regierende schaffte in seinem Wahlkreis 3 in Neukölln mit 32 Prozent nicht mehr den Sprung ins Abgeordnetenhaus. Kaum in der außerparlamentarischen Opposition, forderte Momper: „Die SPD darf nicht in die Große Koalition um jeden Preis gehen.“

„Ganz schön rot“ der Osten – ein „respektables Ergebnis“ der Westen, sagte PDS-Spitzenfrau Petra Pau. Nur das erste stimmt: 34 von 36 Direktmandaten gingen in den östlichen Bezirken an die PDS: Friedrichshain, Hohenschönhausen, Marzahn, Lichtenberg – alle Direktkandidaten. Pankow, Treptow, Prenzlauer Berg und Köpenick ebenso. Daß Steffen Zillich in Kreuzberg den ersten Westbezirk nur knapp verlor, schmerzt, wird aber durch die Ergebnisse anderer Direktkandidaten ausgeglichen. So siegte in Friedrichshain 2 Harald Wolf über den Wirtschaftssenator Norbert Meisner mit 41 Prozent. Carola Freundl (49 Prozent) behielt in Mitte Oberhand gegen Bundes-Radunski. Der jüngste Kandidat der Wahl, Benjamin Hoff, gewann in Lichtenberg 2 mit 40 Prozent seinen Wahlkreis, ebenso der Kulturpolitiker Thomas Flierl in Mitte mit 33 Prozent. Aus der Bürgerbewegung Prenzlauer Berg kämpfte sich Michael Nelken direkt ins Parlament. Auch die Stasi läßt grüßen: Dieter Klein („Stasi-Klein“) aus Pankow ist wieder dabei.

Die CDU hatte im Berliner Westen ein Heimspiel: 50 der 54 Direktmandate gingen an sie. Daß die Großkopferten der Partei, Ebi Diepgen („Das CDU-Ergebnis im Ostteil macht mich stolz“) in Neukölln mit 58 Prozent, Klaus-Rüdiger Landowsky (Zehlendorf), Klaus Franke (Steglitz 3) oder Senator Volker Hassemer (Wilmersdorf) die Ernte einbringen würden, galt als sicher.

Überraschend war dagegen, daß sich auch CDU-Sheriffs klar behaupten konnten. Verkehrssenator Dieter Heckelmanns Affären müssen in Neukölln 7 unbekannt geblieben sein: Dort gab es 55,7 Prozent für ihn. Uwe Lehmann-Brauns ergatterte 53 Prozent. Die einstigen Arbeiterbezirke Reinickendorf, Tempelhof und Schöneberg bildeten Hochburgen im CDU-Wahlsiegmeer. Herwig Haase etwa brachte es in Tempelhof auf 51,2 Prozent, Dieter Hapel auf 49 und Hubertus Rösler auf 54 Prozent. Rösler kippte dabei Dietmar Staffelt (Ex- SPD-Fraktionsschef) aus dem Direktmandatrennen.

Schwarze Versuche, im Osten zu landen, gab es genug. Nur einer kam durch: Gesundheitssenator Peter Luther siegte in Weißensee 2. Finanzsenator Elmar Pieroths Angriff auf die rote Plattenhochburg Hellersdorf scheiterte jedoch. Gegen die PSD-Landeschefin Petra Pau hatte er keine Chance. Pieroth erhielt 26 Prozent, Pau 46 Prozent. Pieroth verwirrt: „Die These ist widerlegt, daß die Wahlen nur im Westen für die CDU gewonnen werden.“ Und einer blieb ganz auf der Strecke. Jürgen Wohlrabe, obwohl in Spandau gewählt, tritt das Amt nicht an. Wohlrabe starb am vergangenen Donnerstag.