■ Standbild: Wenn Einstein spült
„Die Viersteins“, Sonntag, 19.25 Uhr, Pro 7
Man hatte sich allerhand vorgenommen. Nicht wieder jene ewig altkluge Leier abzusondern, daß die Sitcom nun mal ein uramerikanisches Format sei, es hierzulande dafür weder Autoren noch Darsteller gebe und der deutsche Humor dafür ohnehin untauglich, da zu sauertöpfisch und so. Nicht beckmesserisch mit spitzem Griffel, sondern bis zur Unkenntlichkeit entspannt wollte man am frühen Sonntag abend im Sessel Platz nehmen und sich – sollte es auch nur den geringsten Anlaß geben – amüsieren wie Bolle. Und nicht ein Sterbenswörtchen wollte man über Geschirrspülmittel verlieren. Ehrenwort.
So weit zur redlichen Vorbereitung. Nicht daß da nachher wieder einer sagen würde, man habe wie üblich nur mal kurz von der täglichen Hegel-Lektüre aufgeschaut, habe sich nicht ordentlich eingelassen, sei nicht richtig offen gewesen und so.
Und hatte einem schließlich nicht Friedrich-Karl Praetorius, der hier – so hatte man der vorausschauenden Presse entnommen – einen etwas einfältigen Tankstellenpächter verkörpern würde, mit seinem öffentlichen Rundumschlag gegen seine kunstbeflissenen Theaterkollegen aus der Seele Tiefstem gesprochen? Beim Teutates, er hatte! Kurzum, man war so was von offen für diesen ersten rein deutschen Sitcom-Versuch auf Pro 7, also...
Doch dann sagte dieser sicherlich mit einem Reifezeugnis ausgestattete Herr Praetorius im stets pieksauberen und frischgebügelten Blaumann über seine pianierende Tochter Sätze wie diesen: „Sie spielt alle Stücke von Leonard Einstein.“ Schaudernd ließ unsereins, von der Not gedrungen, alle guten Vorsätze fahren, nahm doch wieder den bösen Stift zur Hand und notierte widerwillig Laubsägearbeiten von Onkel Theo oder der Brut altkluger Kinder: „So'n Auto is' wie 'ne schöne Frau.“ Und schließlich kam man selbst ums Geschirrspülen nicht herum. Nicht weil Maria Bachmann alias Frau Vierstein hier unverfroren wieder was vom tollen Nachbarn und seinen sauberen Gläsern geplappert hätte, sondern weil Film-Sohn Felix nach Beule-in- Porsche-Machen zur Strafe drei Wochen Spülen per Hand aufgebrummt bekam. Und das, wo in der Kulisse rechts neben der Waschmaschine deutich eine Spülmaschine auszumachen war. Kurzum, grausam war's. Obwohl man eigentlich total offen war. Ehrlich. Reinhard Lüke
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