Dubiose Spendensammlung

■ Die PKK soll Schutzgelder erpressen, doch belegt wurde die Behauptung nie

Eine peinliche Niederlage für Focus: Zwei in Bremen lebende Kurden erzwangen im Frühjahr eine einstweilige Verfügung des örtlichen Oberlandesgerichts. Darin wurde dem Magazin verboten, die beiden Männer weiterhin als „Schläger-Duo“ zu bezeichnen, das Spendengelder für die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK eintreibe.

Doch auch Polizei und Verfassungsschutz sind mit derartigen Vorverurteilungen schnell bei der Hand. „Die von der PKK beauftragten Spendensammler üben nicht nur massiven Druck auf zahlungsunwillige Landsleute aus, sondern gehen teilweise auch mit erheblicher Gewalt gegen sie vor“, heißt es etwa im jüngsten Verfassungsschutzbericht. In vielen Städten, etwas Frankfurt/M., Berlin, Stuttgart und Köln hat die Polizei inzwischen Sonderermittlungsgruppen eingerichtet.

Folgt man der polizeilichen Statistik, dann sind die Fälle politisch motivierter Spendengelderpressung fast genauso häufig, wie rein kriminelle Schutzgeldforderungen. Achtzig Prozent der Tatverdächtigen im Spendengeldbereich besitzen die türkische Staatsangehörigkeit. Neben der kurdischen PKK werden allerdings auch türkische Organisationen wie Dev Sol (Revolutionöre Linke), TKP-ML (Türkische Kommunistische Partei) oder die faschistischen Grauen Wölfe mit Spendengelderpressungen in Verbindung gebracht.

Eine Statistik über tatsächliche Verurteilungen existiert freilich nicht. Nach Ansicht der deutschen Kurdistan-Solidaritätsgruppen würde eine solche Statistik wohl auch ein ganz anderes Bild ergeben.

In einer aus dem Juli stammenden Broschüre haben sie zahlreiche Fälle vermeintlicher PKK- Spendengelderpressungen präsentiert, bei denen sich der schwerwiegende Vorwurf letztlich in Luft aufgelöst habe: „Immer wieder versuchen sich Einzeltäter auf Kosten ihrer Landsleute zu bereichern, indem sie sich als PKKler ausgegeben“, erklärt Sabine Skubsch, die Autorin der Studie. Auch „gewisse Kreise“ in der Polizei und den Medien hätten ein Interesse daran, „jeden Erpressungsversuch unter türkischen Staatsangehörigen der PKK anzuhängen“. So habe etwa das Landgericht Rottweil sechs Kurden vom Vorwurf der Spendengelderpressung freisprechen müssen, nachdem sich der zugrundeliegende Vorfall als etwas heftigerer Streit unter Landsleuten herausgestellt habe. Das mit einem Stock bedrohte Opfer hatte die Angeklagten zuvor beim Sozialamt als Schwarzarbeiter denunziert.

Umstritten ist auch, ob es die kurdische Befreiungsbewegung überhaupt nötig habe, bei den regelmäßig im Herbst stattfindenden Spendensammlungen zu derart brachialen Mitteln zu greifen. Nach Angaben der PKK-nahen Nationalen Befreiungsfront Kurdistans (ERNK) haben sich 1993 europaweit rund 375.000 KurdInnen an der Spendenaktion beteiligt, davon 245.000 in der Bundesrepublik. Das ist etwa die Hälfte der in Deutschland lebenden kurdischen Bevölkerung. Das Spendenaufkommen soll, laut ERNK, über 20 Millionen Mark liegen.