Was lange währt, wird davon auch nicht besser

■ UN-Konferenz zur Meeresverschmutzung durch nicht abbaubare Schadstoffe

Berlin (taz) – Delegationen von über hundert Regierungen beraten seit gestern in Washington darüber, wie die Meere effektiver geschützt werden können. Bis zum 3. November geht es vor allem um die an Land produzierte Verschmutzung, zu der es praktisch keine international verbindlichen Vereinbarungen gibt. Die Seerechtskonvention regelt vor allem Fragen der direkten Einleitung. Allerdings macht die Verschmutzung vom Land aus nach einer Studie des Wissenschaftszentrums Berlin bis zu 80 Prozent aus. Das nun vorgesehene Washingtoner Aktionsprogramm wird nach Einschätzung des Pressesprechers im Bundesumweltministerium, Siegfried Breier, „natürlich auch unverbindlich“ bleiben. Das Merkel- Ministerium sei „nur durch die Arbeitsebene vertreten“.

Konkrete Schritte fordern Umweltschützer vor allem gegen die massive Meeresverschmutzung durch organische Schadstoffe, die nicht oder nur nach langer Zeit abgebaut werden. Diese „persistent organic pollutants“ (POPs) tragen nach Information von Greenpeace in erheblichem Maße zu Mißbildungen, Krebs, Nervendefekten sowie schweren Immun- und Stoffwechselschäden bei. Die Umweltschutzorganisation fordert daher ein sofortiges weltweites Verbot.

Die Menschen nehmen POPs meist über das Wasser auf – möglicherweise Tausende Kilometer vom Verursacher entfernt. So gelangt etwa das Pestizid Toxaphen von Baumwollplantagen in der Karibik über den Golfstrom in die Nordsee und von dort über die Atmosphäre weiter in die Polarregionen. Bei Eskimofrauen im Norden Quebecs wurde daher eine der höchsten Muttermilch-Belastungen durch POPs gemessen.

Die Hoffnung auf Besserung gilt als gering, solange Auflagen vor allem in den Ländern nötig wären, die sich diese nicht leisten können. „In Deutschland ist die Frage der POPs seit über zehn Jahren geregelt“, kann Pressesprecher Breier zwar versichern. Den Schadstoffausstoß bei der Fabrikation habe man in Deutschland „ganz gut im Griff“, bestätigt auch Barbara Kamradt von Greenpeace. Aber: „Die eigentliche Belastung geht direkt durchs Fabriktor.“ Denn an der Herstellung der gefährlichen Stoffe sind die deutschen Chemie-Giganten wie Hoechst und Bayer unmittelbar oder über internationale Vernetzung beteiligt. Erst international verbindliches Recht könne daran etwas ändern.

Vereinbart wurde das Treffen bereits vor drei Jahren während des Umweltgipfels von Rio. Damals wurde in der Agenda 21, dem Zukunftsprogramm für das nächste Jahrhundert, neben dem Klimaschutz auch der Schutz der Meere zu einem der vordringlichen Ziele erklärt. Christian Arns