Zu viel Farbe?

■ Das neue bunte „Übersee“-Lokal sorgt das Museum und seine Geldgeber

Tanz, Musik und 2000 beschwingte Gäste unter Palmen: Soviel Leben wie bei der Eröffnung seines neuen Lokals hatte das Bremer Überseemuseum seit Jahrzehnten nicht gesehen. Anlaß zur Freude, sollte man meinen. Einen gelungeneren Einstieg in die neue Partnerschaft zwischen öffentlichem Kulturhaus und privatem Kneipenpächter ist kaum denkbar. Denn das Museum erhofft sich von seinem Schauchzug ein neues Image und mehr Gäste. Dennoch knirschte es bereits kurz nach der Eröffnung gewaltig im Museum. Die erhoffte Buntheit, die vom Lokal natürlich auch ins angrenzende Foyer schwappt, scheint manchem nicht geheuer. „Störend“, so heißt es im Hause, wirke sich die bunte Dekoration auf das frischgeweißte Foyer aus – der Geldgeber der Foyersanierung, die Stiftung Wohnliche Stadt, soll die Museumsleiterin mit massiver Kritik eingedeckt haben.

350.000 Mark hat die Stiftung für die Sanierung lockergemacht. Ergebnis ist ein helles, ganz in weiß getauchtes Entree; bis dato sorgte hier der mittelbraune Charme der 70er Jahre für muffige Stimmung. Vor sechs Wochen erst übergab Kultursenatorin Kahrs das neue Foyer seiner Bestimmung. Da passen die bunten Tupfer, die die Wirte des neuen Lokals setzten, nach Ansicht des zuständigen Musemsmitarbeiters nicht recht hinein: „Ein Teil unseres Publikums fühlt sich sehr irritiert“, sagt Götz Mackensen. Außerdem „sind wir gehalten, die Gestaltung der Stiftung Wohnliche Stadt beizubehalten.“ Direktorin Viola König assistiert: „Tagsüber muß das Museum wie ein Museum aussehen“ – weiß, kühl und glattpoliert.

Die neuen Kneipenpächter aber, Ullrich Mickan und Laci Klein, lieben es bunt. Zwei der weißen Säulen in der Halle ließen sie verkleiden und mit farbigen Leuchten ausstatten; ein paar Palmwedel gehören auch dazu. Außerdem ragen einige der gleichfalls bunten Gasttische ins Foyer, auf es daß dort „wie auf einer Piazza“ zugehen möge, sagt Klein. Seine Erfahrung: Die Besucher lieben das – besonders die Kinder, die etwa 60 Prozent der Gäste ausmachen. „Das Museum muß gleich am Eingang die Phantasie anregen“, sagt Mickan.

Aber bitte erst nach 18 Uhr, fordert nun das Museum. Und „morgens um 9 Uhr muß das wieder verschwunden sein“ – so sei es mal zugesagt gewesen, sagt die Direktorin. Piazza, schön und gut. Schließlich will das Museum von den Einnahmen der florierenden Gastronomie profitieren – 80.000 bis 120.000 Mark pro Jahr werden erhofft. Aber wie weit sich das neue Lokal ausdehnen darf, das sei im Vertrag „auf den Quadratzentimeter genau“ festgelegt.

Mit solchen Beschränkungen sollen sich die vor Phantasie schäumenden Klein & Mickan nun zähneknirschend arrangieren. Ein Krisengespräch Ende vergangener Woche hat die Wogen erstmal geglättet; das Bunte soll tagsüber wieder weitgehend aus dem Foyer getilgt werden. Die alten Geldgeber des Museums können aufatmen. Doch wohl nicht allzulange. Eine neue Milchbar, „ein ganz extrem buntes Teil“ (Mickan), soll in den nächsten Wochen ins Foyer rollen. Und Freitag ist erstmal Halloweenparty – auch im noblen Entree des Hauses. tw