Vulkan vor dem Untergang?

■ „Capital“: Mehr als 100 Millionen Verluste im ersten Halbjahr / Leo: „Gezielte Kampagne“

Nach der DASA nun der Vulkan. Mit einer Vorabmeldung hat gestern die Wirtschaftszeitschrift „Capital“ in Bremen Horror verbreitet: Der Vulkan-Verbund habe im ersten Halbjahr 1996 weit mehr als hundert Millionen Mark Verluste eingefahren, und die negative Tendenz halte an. Dabei hat der scheidende Vulkan-Chef Friedrich Hennemann noch vor zwei Monaten erklärt, die Verluste des Verbundes lägen bei lediglich 27 Millionen Mark. Alles falsch, sagt nun „Capital“, so ziemlich jeder Konzernbereich operiere in den roten Zahlen, der Vulkan habe die Verluste lediglich in seinem verschachtelten Imperium bei diversen Finanzholdings versteckt. Alles falsch, konterte gestern der Vulkan prompt. Die Zahlen aus dem Magazin seien nicht richtig. Kein Grund zur Panik. Noch deutlichere Töne kamen dazu gestern aus der Politik: „Das ist der gezielte Versuch, einen Konzern runterzumachen und ihn dann auszunehmen“, ärgerte sich der SPD-Wirtschaftspolitiker Detmar Leo. Ein erfolgreicher: Prompt ist die Vulkan-Aktie um 6,30 Mark auf 44 Mark abgesackt.

Die Zahlen, die „Capital“ auftischt, sind vor allem eines: rot. Allein im Maschinen- und Anlagenbau habe der Vulkan im ersten Halbjahr ein negatives Betriebsergebnis von 120 Millionen Mark erzielt, sieben von acht Werften machten nur Verluste, runde 40 Millionen Mark, und die Elektroniksparte (STN-Atlas) habe im gleichen Zeitraum fünf Millionen Mark Miese gemacht. Gut die Hälfte der Verluste im Anlagenbau gingen auf den Schwermaschinenbauer Dörries-Scharmann zurück, schreibt „Capital“. Nach bislang geheimgehaltenen Zahlen hätten dort die Verluste im ersten Halbjahr das komplette Nennkapital von 63 Millionen Mark aufgefressen. Fazit der Zeitschrift: Der Bestand sei gefährdet. „Vorstandschef Hennemann muß um die Kreditwürdigkeit des Vulkan fürchten.“

„Die von „Capital“ genannten Zahlen sind falsch“, ließ der Vulkan gestern zu der Veröffentlichung lapidar verlauten. Daß es beim Maschinenbauer Dörries-Scharmann Probleme gebe, das sei längst bekannt. Trotzdem lägen die Verluste des Konzerns in den ersten sechs Monaten dieses Jahres lediglich bei 25,3 Millionen. Ende der Durchsage.

„Die Zahlen geistern seit gut einer Woche durch die Stadt“, sagten gestern der Grünen-Politiker Dieter Mützelburg und der SPD-Abgeordnete Detmar Leo. Nur bei der Bewertung gehen die Meinungen ziemlich auseinander. „Da versuchen welche, den Kurs gezielt so zu drücken, daß sie den Konzern billig übernehmen und zerfleddern können“, war sich Leo gestern sicher. Interne Zahlen seien nach dem „worst case“-Prinzip interpretiert. Die Prüfung innerhalb des Konzerns sei längst noch nicht abgeschlossen.So deutlich will sich dagegen der Grüne Mützelburg nicht davon distanzieren, „daß die Liquiditätslage offensichtlich sehr viel schlechter ist, als bisher angenommen.“ Die unklare Lage sei auch der Grund dafür, daß das Unterweserkonzept für die Vulkan-Werften bislang noch nicht weiter vorangekommen sei. „In der letzten Woche waren im Bürgschaftsauschuß Anträge des Vulkan erwartet worden. Die sind aber nicht gekommen.“ Auch eine falsche Interpretation, meint dagegen Leo. „Das Konzept wird sorgfältig geprüft. Wenn etwas beschlossen wird, dann muß das sitzen.“ J.G.