Heftige Beziehungsprobleme

■ US-Präsident Clinton trifft seinen chinesischen Amtskollegen Jiang in angespannter Atmosphäre

New York/Washington (AFP/ wps/taz) – Der Weg zum US-chinesischen Gipfel am Dienstag in New York war mit Hindernissen gepflastert: Noch einen Tag vor der Begegnung zwischen Präsident Clinton und seinem Pekinger Amtskollegen Jiang am Rande der UNO- Feierlichkeiten hatte die chinesische Delegation verlangt, den Treffpunkt zu verlegen. Ursprünglich hatten die Gastgeber – mit feinem Gespür für diplomatische Boshaftigkeit – die New Yorker Public Library vorgesehen. Und dort wird zufällig seit Monaten eine Ausstellung über Freiheitskämpfe in aller Welt gezeigt, die neben dem Inder Gandhi und dem Südafrikaner Mandela unter anderem auch die chinesische Demokratiebewegung von 1989 würdigt. Die Organisatoren der Begegnung im Weißen Haus zeigten sich überrascht und ließen das Treffen daraufhin im Lincoln Center stattfinden.

Doch ganz verschont von der Beschäftigung mit dem unangenehmen Thema sollte Chinas Staatschef dennoch nicht sein: Zahlreiche chinesische Dissidenten hatten Clinton aufgefordert, die Wahrung der Menschenrechte anzumahnen. Dazu gehört auch der im amerikanischen Exil lebende Wang Juntao, der sich für die Freilassung des schwer krebskranken Journalisten Chen Ziming aus chinesischer Haft einsetzt. (siehe Portrait Seite 11)

Zu den Problemen, die das Verhältnis zwischen beiden Staaten seit Monaten schwer belasten, zählt vor allem die Taiwan-Politik der US-Regierung. Die Politiker in Peking haben es Clinton schwer verübelt, daß der taiwanesische Präsident Lee Teng-hui im Sommer dieses Jahres in die USA einreisen durfte. Lee hatte diesen als Privatbesuch bei seiner ehemaligen Universität deklarierten Aufenthalt in den Augen der Pekinger erfolgreich dazu genutzt, für die Aufwertung der US-taiwanesischen Beziehungen zu werben. Peking beansprucht das Alleinvertretungsrecht und versucht Taiwan international weitestgehend politisch zu isolieren. Chinas hatte auf Lees US-Visite mit scharfen Drohungen und Militärmanövern ganz in der Nähe der taiwanesischen Küste reagiert.

In den Augen der chinesischen Regierung – vor allem aber des zunehmend einflußreichen Militärs – versuchen die US-Amerikaner, China „klein und machtlos“ zu halten. Die Kritik Washingtons an der chinesischen Menschenrechts- und Wirtschaftspolitik dient dieser Interpretation zufolge nur einem Ziel: den chinesischen Einfluß in der Region einzudämmen und zu verhindern, daß China seine rechtmäßige Rolle als Großmacht in der Welt einnehmen kann.

Das verhindert allerdings nicht die Ausweitung der bilateralen Geschäfte: So wurde am Montag bekannt, daß der US-Flugzeughersteller McDonnell Douglas und die chinesische Fluggesellschaft North China Airlines in der nordchinesischen Provinz Liaoning ein Pilotentrainingszentrum errichten wollen. Beide Seiten würden 50 Millionen US-Dollar in das Projekt investieren. li