■ Mit Osteuropahilfe auf du und du
: Egotrip der Wessis

Berlin (taz) – Viele Helferländer wollen vor allem sich selbst helfen, wenn sie Geld für Osteuropas Umwelt zur Verfügung stellen. Zu diesem Schluß kommen WissenschaftlerInnen vom Internationalen Institut für Anwendungssysteme im österreichischen Laxenburg. Im Auftrag vom österreichischen und britischen Umweltministerium haben sie die Unterstützung unter die Lupe genommen.

„Wir haben das Problem vor allem aus der Perspektive der Empfänger untersucht“, erläutert Prokjektleiter Ger Klaassen. Demnach wird zuviel Geld für Studien ausgegeben. Trotzdem ist den Finanziers häufig nicht klar, was die Osteuropäer tatsächlich wollen und brauchen – vor allem, weil die Geberländer fast ausschließlich ihren eigenen Experten vertrauen. Die Besserwessis unterschätzen denn auch häufig den Informationsstand ihrer Kooperationspartner. Vor allem versuchen sie auch, den Empfängern die Technik anzudrehen, die sie gerne verkaufen wollen. Dabei achten sie kaum darauf, was vor Ort am meisten nützt.

Zum Beispiel Polen: Zwischen 1990 und 1994 bekam das Land aus dem Westen Zusagen für 318 Millionen US-Dollar Finanzhilfe für die Umwelt. Tatsächlich ausgegeben wurden in diesen Jahren allerdings nur 240 Millionen Dollar. 38 Prozent wurden für Analysen und Studien bereitgestellt, 20 Prozent gingen für Bildungsveranstaltungen drauf. Dagegen wurde nur jeder dritte Dollar für die Verbesserung von Anlagen ausgegeben. Bei Hilfen aus einem einzigen Geberland lagen die Kosten rund 30 Prozent höher als bei Projekten, an denen mehrere Staaten beteiligt waren. Oft bestanden die Finanziers nämlich darauf, daß ein großer Teil des Auftrags von heimischen Unternehmen abgewickelt wird – die fehlende marktwirtschaftliche Konkurrenz führte dann zu gigantischen Preisen.

Daß den Unterstützern die wahren Bedürfnisse der Polen manchmal restlos schnuppe sind, beweist ein Beispiel, das die österreichischen WissenschaftlerInnen genauer schildern: Das ungenannte Geberland identifizierte die Herstellung von „sauberen“ Briketts als das vordringliche Anliegen – obwohl die lokalen UmweltpolitikerInnen massiv für Kraft- Wärme-Kopplung eintraten. Die Helfer interessierte dabei nicht einmal, daß es bereits eine ähnliche Brikettanlage in der Gegend gab, die bereits seit längerem unter Absatzproblemen litt. Annette Jensen