Probesitzen der grünen Bürgermeisterin

Kreuzberger Grüne melden Anspruch auf Amt des Bezirksbürgermeisters und Baustadtrats an und fordern die Unterstützung der SPD. CDU und SPD halten sich noch bedeckt  ■ Von Dorothee Winden

Als die Kreuzberger Grünen gestern ihren Anspruch auf das Amt des Bezirksbürgermeisters und des Bauressorts anmeldeten, nahm Erika Romberg im Sitzungssaal des Bezirksamtes schon mal probeweise den Platz von Bürgermeister Strieder (SPD) ein. Ob die Spitzenkandidatin der Bündnisgrünen aber tatsächlich Bürgermeisterin von Kreuzberg wird, ist noch ungewiß.

Das liegt allerdings weniger am Wahlergebnis als an Rombergs Person. Den Grünen steht als stärkster Fraktion das Recht zu, die Bürgermeisterin zu stellen, doch Romberg ist bei SPD und CDU gleichermaßen umstritten. Ihr wird vorgeworfen, mehrmals Beschlüsse der BVV unterlaufen zu haben.

Die Kreuzberger Grünen ließen gestern keinen Zweifel an ihrer Kandidatin erkennen. Erika Romberg, „mit der wir diesen Wahlkampf so erfolgreich geführt haben“, soll Bürgermeisterin werden, erklärte Stefan Lutz für den Kreuzberger Parteivorstand. Die Grünen liegen mit 31,3 Prozent deutlich vor CDU (26,4) und SPD (26,2). Weil die Grünen in den achtziger Jahren bei der Besetzung des Bezirksamtes stets für SPD- Kandidaten stimmten, erwarten sie deshalb, daß die Sozialdemokraten jetzt unter umgekehrten Kräfteverhältnissen eine grüne Kandidatin wählen, machte Lutz deutlich.

Die Verhandlungen um die Besetzung des Bezirksamtes dürften kompliziert werden. Die Bündnisgrünen haben bereits eine sechsköpfige Verhandlungskommission bestimmt, die Gespräche mit SPD und CDU führen wird. Stadträtin Romberg ist selbst Mitglied dieser Kommission.

Die SPD, die im verkleinerten Bezirksamt jetzt nur noch Anspruch auf ein Ressort hat, ist in der Klemme. Entweder muß Strieder oder die allseits anerkannte Sozialstadträtin Ingrid Junge-Reyer den Sessel räumen. Für Strieder ist das Wahlergebnis besonders schmerzlich. Der Kreuzberger Bürgermeisterposten sollte das Sprungbrett für eine landespolitische Karriere sein. Jetzt muß Strieder womöglich wieder als Richter ans Arbeitsgericht zurück.

Bei SPD und CDU hielt man sich gestern über mögliche Optionen bedeckt. Der SPD-Kreisvorsitzende Hans-Christoph Wagner sagte, es sei eine „unwahrscheinliche Variante“, daß Peter Strieder wieder Bürgermeister werde. Die SPD wolle in jedem Fall ein Ressort, „wo man politisch was gestalten kann“, so Wagner. Man wolle erst über Ressortzuschnitte reden und dann über Personen verhandeln. Theoretisch ist auch denkbar, daß die SPD mit der CDU für deren Bürgermeisterkandidaten Wulf-Jürgen Peter stimmt, doch würde dies bezirkspolitisch erheblichen Flurschaden anrichten.

Der bisherige Fraktionsvorsitzende der CDU Kreuzberg, Ralf Olschewski, rechnet damit, daß es zu einem „Gesamtpaket“ kommt. Am gestrigen Abend wollten die Christdemokraten ihre Verhandlungskommission bestimmen.

Romberg leistete sich gestern einen Freudschen Versprecher: „Ich als Bezirksbürgermeisterin begreife es als meine Aufgabe, die größten Sorgen der Bürger und Bürgerinnen anzupacken und gemeinsam eine Lösung zu finden.“ Sie kündigte auch an, was sich im Bezirksamt ändern werde. Mit Blick auf das Getränkeangebot bei der Pressekonferenz erklärte sie: „Einwegdosen wird es hier künftig nicht mehr geben.“