Mit Rudi in den Untergang

■ SPD: Von der Armee lernen heißt siegen lernen

Gratulation, SPD! Gratulation und Tusch! Tusch! Tusch! für die Bestätigung von Rudolf Scharping als Fraktionsvorsitzender. Respekt und Bewunderung für den Wagemut der Bonner SPD-Abgeordneten: Sie sind am Dienstag ganz tapfer gewesen. Sie haben ihren Oberhäuptling – Augen zu und durch! – mit 81 Prozent bestätigt. Das Zähneknirschen war bis in die Eifelvororte deutlich vernehmbar.

Die SPD, wir wissen es, ist eine große Partei, sie ist eine Partei mit Geschichte, eine Partei mit Tradition. Und diese Tradition, wie schön, beweist sie nun auch im Kleinen: „Wir brauchen Mut zu Rudolf Scharping!“ Und diesen Mut, vom hessischen SPD-Ministerpräsidenten Eichel einst eingeklagt, leben die Bonner Genossen nun nachgerade wollüstig aus. Das heißt allerdings auch, daß sie sich verabschieden vom Wunsch nach politischer Veränderung in diesem Land. Das zeigt, daß ihnen so ziemlich alles egal ist – Hauptsache: Die SPD bleibt weiterhin über der Sperrklausel.

Bloß, kann irgendeiner das Festklammern an Scharping noch rational erklären? Warum bloß rauft sich diese SPD hinter diesem Vorsitzenden zusammen? Ist es die vorweihnachtliche Harmoniesucht einer Partei, die der Häme der Öffentlichkeit überdrüssig ist? Schweißt das zusammen? Auch um den Preis, eine ausgewiesene Pfeife auf Dauer an der Partei- und Fraktionsspitze zu haben?

Spekulationen in dieser Sache sind so gut wie überflüssig; das Handeln der Genossen und Genossinnen ist selbst mit Hilfe der Psychoanalyse kaum mehr nachvollziehbar. Sie scheinen getrieben vom unbändigen Wunsch, sich von der politischen Bühne zu verabschieden.

Keiner in der SPD ist mit dem Pfälzer zufrieden, jeder kennt seine Defizite. Sie werden die SPD ganz schnell einholen. Doch die Angst vor Veränderung und Neuorientierung ist auch in der deutschen Traditionspartei größer als die vor dem Untergang. Mit Steuermann Rudi geschlossen und in Treue Kurs auf die 20-Prozent-Marke. Und August Bebel rotiert im Grab.

SPD! Die Bundeswehr ist im Moment sehr en vogue. Vielleicht wär's gut, ausnahmsweise von der Truppe zu lernen. Die hat mal, in den 60ern war es, etwas wirklich sehr Hartes getan: Sie hat Rudolf Scharping, der sich freiwillig zum Waffendienst gemeldet hatte, nach ein paar Monaten nach Hause geschickt – er sei zu kurzsichtig, fand die Armee. Ist ja nur so ein Gedanke... Der nächste Parteitag bietet eine gute letzte Chance. Arno Luik