■ Urdrüs wahre Kolumne
: Untreue Milkakuh!

Was haben wir dereinst im roten Mai unseres grünend jungen Lebens um Fragen der richtigen Weltanschauung gerungen! Ganze Abende in KAPITAL-Lesezirkeln oder bei kollektiver Lenin-Exegese verbracht, satt in dieser Zeit der Liebe oder dem Biere zu frönen, vielleicht mit den Klängen von MC 5 oder Ernst Busch im Hintergrund. Und alles wäre so einfach gewesen, hätten wir gewußt, was der Misanthrop in uns schon lange weiß und der FAZ-Börsenteil uns dieser Tage in der Anzeige verrät, aus der uns doch tatsächlich ein hämisches Smiley angrinst und kundtut: „Ackumula, der Aktienfonds mit der richtigen Weltanschauung. “Wer Schwierigkeiten hat, das sein in diesem Lande ohne Break oder Kitkat zu ertragen, der geht ins Reisebüro, um überkleine Fluchten nachzudenken. Und wird dann vom umtriebigen Touristiker auf ein „auch jetzt noch angenemes Fleckchen Erde“ an der türkischen Ägäis verwiesen mit den Worten: „Trotz unberührter Natur ist die mitteleuropäische Zivilisation schon da. Deutsche Tageszeitungen, auf Wunsch deutsche Küche und das mit den Kurden haben die „bestens im Griff“. Da bleiben wir aber lieber gleich daheim ...Manche Nachrichten machen selbst in diesen trüben Tagen froh. Der hochverräterische Otto als gedemütigter Hofnarr wird vom Bayernkaiser Franz täglich in die Eier getreten. Uwe Seeler versichert, daß Interimstrainer Magath noch nicht die Endlösung sei und die Evangelische Kirche Deutschlands lässt ihre Unterfirma „Liberacion“(Werkstatt für Entwicklung und Frieden) beim Amtsgericht Lehrte Konkurs anmeldete und stellte den „fairen Handel“ mit Kaffee ein. Grüß Gott, die Herren Gauck und Eppelmann: Wo die Befreiung der deutschen Nation zu alter Größe geglückt ist – was brauchen wir da noch Liberacion für die Indojungen aus Peru oder den Puppenspieler aus MexiKo?Last but bestimmt not least: In der vergangenen Woche verstarb der zweite Marlboro-Cowboy in Folge an Lungenkrebs. Und zu alldem schrieb anno Toback schon Herr Wilhelm Busch aus Wiedensahl: „Der klugen Leute ungeschick stimmt heiter/ Man fühlt doch für den Augenblick sich auch mal viel gescheiter!“

Mit leichter Rührung las man gestern in der taz den Appell des liebenswerten Grantlers Thomas F. an die bremische Sozialdemokröte, nunmehr aber aus dem Stand heraus ganz uneigennützig, basisnah und menschenfreundlich zu werden. Und sind doch längst gehörlos geworden auf der kühlen Schlidderbahn, die sie geführt Lassalle, Wedemeier und Scharping und hilft da nur noch die Gebärdesprache: Alle Stinkefinger gehen hoooch! Der arme Euro-Hanseat Günter Niederbremer! Nun wird das wieder nix mit eigener Vorzimmerdame im Laura-Ashley-Kostüm und mit Hofschranzen aus dem faulen Holze eines Ronald-Mike, die ihm Schirm, Scham und Melone abnehmen. Schon zu Zeiten als ASTA-Chef neidete man ihm diese Insignien der Macht und wenn nicht alles täuscht, ist der Zug dafür jetzt abgefahren. Bitte, nicht umbringen. Ach, dieser SPD-Ökonom Detmar Leo! Mahnt doch jetzt von Kraft Jacobs Suchard „Standorttreue“ wg. Dankbarkeit für vergangene Unterstützung aus der Gemeindekasse an und weiß doch nur zu gut, welch leerer Wahn die Treue ist: Ja, wenn er die Lila-Kuh entführen oder den Milkatender-Bäcker mit der scheppernden Ladenklingel. Wenn der Leo selbst seine Dienste als Schoki-Kavalier von der Alm anbieten würde – da hieße es vielleicht „It–s cool man“. Aber so? Vergiß es. Und schreib' zwanzigmal in die Bremer Landesverfassung „An Stamokap, da glaub ich nicht!“

Am Schwarzen Brett eines ortsüblichen Bioladens hat der Kunde so das Wort: „Suche Frau, die mit mir eine Zweizimmerwohnung teilt. Bevorzugt Veganerin, die lachen kann und für meine Allergie auf Katzenhaar Verständnis hat“ – da wirst Du lange warten müssen.

Ulrich Reineking-Drü.