„Die Regierung will den Dialog abbrechen“

■ Mexikos Zapatisten sind wütend über die Verhaftung des angeblichen Comandante

Mexiko-Stadt (taz) – Die Verhaftung ihres vermeintlichen Comandante „Germán“ ist für die Zapatistenguerilla EZLN im mexikanischen Chiapas ein eindeutiges Signal: „Die Regierung will den Dialog abbrechen“, kommentierte Mayor Moisés am Mittwoch gegenüber Journalisten in Chiapas. Und mit einer Regierung, „die nicht zu ihrem Wort steht und das Gesetz bricht“, könne man nicht weiterverhandeln. Sämtliche EZLN-Komitees hätten sich zur Beratung zurückgezogen, teilte Moisés mit. Die aufständischen Truppen seien in „Alarmbereitschaft“ versetzt, auch Subcomandante Marcos habe sich wieder in den Dschungel abgesetzt.

Daß der verhaftete Fernando Yáñez Muñoz, den die Regierung schon im Februar als zapatistischen Oberbefehlshaber „entlarvt“ hatte, tatsächlich einer der Ihren sei, wurde von Moisés weder bestätigt noch dementiert.

Und auch die wahren Umstände der Verhaftung sind klärungsbedürftig. Das fängt schon bei der Frage an, wer „Germán“ nun eigentlich festgenommen hat. Laut offizieller Version waren es einfache Polizeibeamte, die Yáñez' Auto am Samstag abend aufgrund eines „verdächtigen Beutels“ angehalten und dabei ein Schnellfeuergewehr, eine Pistole samt Munition und schließlich sogar genau „ein Gramm Kokain“ entdeckt haben. Angehörige der hauptstädtischen Justizbehörden bestritten gegenüber Journalisten allerdings, irgend etwas mit der Operation zu tun zu haben. Die Logistik lasse eher auf ein „geplantes Manöver“ der Bundesstaatswanwaltschaft schließen.

Anwohner sagten aus, daß schon Tage vorher diverse Fahrzeuge ohne Nummernschilder in den Seitenstraßen geparkt hätten. Auch Fernando Yánez Muñoz, der mitsamt seiner zwei Begleiter in eines dieser Fahrzeuge verfrachtet und erst am nächsten Morgen einem Haftrichter vorgeführt worden war, glaubt, daß die nächtlichen Verhöre von Militärpolizisten und Bundesstaatsanwaltschaft durchgeführt wurden. Von dem „konfiszierten“ Kokain ist inzwischen keine Rede mehr – ermittelt wird nur noch wegen unerlaubten Waffenbesitzes. Daß aber ein gesuchter Ex-Guerillero seelenruhig Maschinengewehre in der Hauptstadt herumfährt, nimmt den Ermittlungsbehörden kaum jemand ab.

Die chiapanekische Vermittlerkommission CONAI beklagt ihrerseits die „gefährliche justische Unsicherheit“, die in der Konfliktregion entstanden sei. Denn unter dem Vorwand des unerlaubten Waffenbesitzes ließe sich in Chiapas – unter Umgehung des Amnestiegesetzes – jeder bewaffnete Zapatist festnehmen.

Innenminister Emilio Chuayffet bemüht sich um Beschwichtigung. Es gebe gar keinen Grund, heißt es in einer Presseerklärung des Ministeriums, warum „dialogfremde“ Ereignisse den Lauf der Dinge unterbrechen sollten. Überhaupt würde er es begrüßen, so Chuayffet ungerührt, wenn sich die EZLN auch am soeben angelaufenen Parteiendialog über die Staatsreform beteiligen würde – das könnte sicherlich zum „sozialen Frieden“ beitragen. Anne Huffschmid