US-Gewerkschaftsboß

■ Dachverband AFL-CIO wählt in Kampfabstimmung neuen Vorsitzenden

Berlin (taz) – Der US-Gewerkschaftsdachverband hat in der ersten Kampfabstimmung um den Vorsitz in seiner 40jährigen Geschichte den 61jährigen John Sweeny zum neuen Vorsitzenden gewählt. Der New Yorker Sweeny gilt als Linker, der militanteren Protestformen wie Straßenblockaden und zivilem Ungehorsam nicht abgeneigt ist. Im vergangenen Jahr hatte er bei einem Streik die Brücken nach Washington gesperrt. Seine Vizepräsidentin Linda Chavez-Thompson hatte sich kürzlich bei einem Streik von Hotelarbeitern in San Franzisko festnehmen lassen. Und der neue Finanzchef der Gewerkschaften, Bergarbeiterboß Richard Trumka, rief den 1.000 Delegierten zu:„ Ihr seht die schlimmsten Alpträume der Konzerne wahr werden."

Unmittelbar nach seiner Wahl bemühte sich Sweeny, die konservativeren Verlierer einzubinden. „Wir müssen gemeinsam mit der Alltagsarbeit beginnen“, so Sweeny. Er versprach in den kommenden Jahren rund 30 Millionen Mark pro Jahr für Weiterbildung von Gewerkschaftlern und Mitgliederwerbung auszugeben, achtmal so viel wie bisher.

In den vergangenen fünf Jahren haben die US-Gewerkschaften Millionen von Mitgliedern verloren. Heute sind noch 13,3 Millionen US-Arbeitnehmer in den Gewerkschaften des AFL-CIO organisiert, der niedrigste Stand seit 1967. Investoren wie BMW müssen sich in ihren neuen Fabriken überhaupt nicht mehr mit Gewerkschaften auseinandersetzen. Die Gewerkschaften vertreten heute weniger als 10 Prozent der Belegschaften in der US-Industrie. ten