■ Rosi Rolands Bremer Geschichten: Alarmstufe rot
„Einen Martini, aber gerührt, nicht geschüttelt.“ Wenn Sie diese geradezu filmhistorischen Worte demnächst am Tresen irgendeiner schummrigen Bremer Bar hören, dann gibt es zwei Möglichkeiten. Entweder steht der leibhaftige Sean Connery neben Ihnen oder ein Bremer Journalist. Unsereins muß sich nämlich zum Provinz-007 umschulen lassen.
Der Senat hat sich nämlich was geheimdienstmäßig ganz dolles ausgedacht. Unsereins hat alle möglichen hochgeheimen Papiere immer mal wieder ruckizucki auf dem Schreibtisch liegen, und das soll nun verhindert werden. Mit einem simplen Trick: rot.
Ab sofort werden alle wichtigen Papiere (Sparvorlagen, Pläne zur militärischen Landesverteidigung u.ä.) auf rotem Papier gedruckt. Weil: Die kann man nicht kopieren, und was man nicht kopieren kann, das bleibt streng geheim. Ziemlich pfiffig fanden sich Scherf und Co. bei dem Einfall.
Nicht pfiffig genug, denn nun ergeben sich die allerabsurdesten Verwicklungen. Nehmen wir mal Senator A. Der bekam die blutrote Sparliste auf den Schreibtisch. Senator A. wollte sich natürlich gerne mit seinem Staatsrat und seinem Haushaltschef im Ressort beraten. Jetzt gab es nur ein Problem: Der Kopierer packte die Liste nicht, und drei können schlecht gleichzeitig in einem Papier lesen. Mußten also geplagte Verwaltungskräfte durch die Gegend flitzen und kopierfähige Ausdrucke besorgen. Unterdessen aber war die Liste wie von Zauberhand auf Journalistenschreibtische gewandert. Und das Chaos war perfekt. Um im Bild zu bleiben: Ein Lehrstück darüber, wie der Geheimdienst die eigene Verwaltung lahmlegt. Dumm gelaufen. James Bond würde sich totlachen.
Soll aber keiner denken, der Senat wäre nicht hartnäckig. Als jetzt das Gutachten über die Verwicklungen vom Sozialstaatsrat Hoppensack in den Todesfall Akan fertig war (s.S.25), war wieder Alarmstufe rot. Aber offensichtlich gibts doch eine Modifikation, denn ein paar Exemplare kursieren eben doch auf schneeweißem Papier. Wir lernen also: Es gibt senatsseitig vertrauenswürdige Menschen und mutmaßlich unsichere KantonistInnen. An der Farbe sollt ihr sie erkennen.
Kleiner Tip aus der Praxis: Der Kopierer in der Bürgerschaft packt die rote Farbe. Die Kopien sind prima lesbar. Und dann gleich ab ins taz-Pressefach damit, weil eine Hand wäscht die andere. Ihre
Rosi Roland
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