Gelb gibt Kraft auf der Station Intensivstation

■ Von der genetischen Beratung bis zur Kinderintensivstation alles unter einem Dach: Mutter und Kind sind gut aufgehoben im neuen Perinatalzentrum von Oldenburg

Ab ersten November gibt es für Oldenburgs Risikoschwangere ein Risiko weniger: Wenn sie ein Frühgeborenes zur Welt bringen, das intensive medizinische Betreuung braucht, werden Mutter und Kind nicht mehr getrennt.

Im neuen Perinatalzentrum der städtischen Frauenklinik Kreyenbrück ist die Kinderintensivstation neuerdings direkt integriert. Sechs Plätze für „Intensivkinder“ und drei weitere „Überwachungsplätze“ für Risikokinder machen den belastenden und medizinisch riskanten Transport des Neugeborenen in die Kinderklinik künftig überflüssig. „Das ist ein letzter Mosaikstein in einer Reihe von Neuerungen“, sagt Prof. Dr. Detlev Mühlenstedt, Klinikdirektor der Frauenklinik.

Begonnen hatte die Modernisierung der Kreyenbrücker Frauenklinik 1981. Damals wurde die genetische Beratungsstelle gegründet. 1987 kam das Labor für Chromosomenuntersuchungen dazu, das seitdem rund 1.000 Analysen jährlich durchführt. Für PatientInnen aus Ostfriesland, die bis dahin nach Hamburg oder Münster reisen mußten, brachte das große Erleichterung.

1993 wurde ein weiterer Schwerpunkt eingerichtet: die spezielle Ultraschalldiagnosik und vorgeburtliche Therapie. Die macht es möglich, sogar Ungeborenen Bluttransfusionen zu geben. Im Falle der gefürchteten Röteln könne das Leben retten, sagt Mühlenstedt. „Viele Ungeborene sterben sonst an Blutarmut im Mutterleib.“

Daß die Klinik alles unter einem Dach hat, ist ein wesentlicher Vorteil: Den meisten rötelninfizierten Schwangeren beispielsweise ist das Haus schon längst vertraut, bevor es zu einer Bluttransfusion für das Ungeborene kommt. Denn viele Rötelninfizierte lassen untersuchen, ob die Gefahr besteht, ein behindertes Kind zur Welt zu bringen. „Im Falle einer Rötelninfektion in den ersten drei Schwangerschaftsmonaten liegt das Risiko dafür bei 50 Prozent“, erklärt Mühlenstedt. Früher habe man in diesen Fällen oft eine Abtreibung vorgenommen. „Dank der modernen Diagnostik können wir heute jedoch feststellen, ob das Kind überhaupt infiziert wurde.“ Das sei nämlich längst nicht immer der Fall.

Mit ihrer letzten Errungenschaft, der kinderärztlichen Intensivstation, schlägt die Oldenburger Klinik einen deutschen Rekord: „Wir sind die einzigen, die diese vielen medizinischen Schwerpunkte unter einem Dach vereinigen“, sagt Leiter Mühlenstedt.

Aus Emden, Papenburg oder Bremen kommen seine Patientinnen, sobald sich Risiken andeuten. Mit 1.500 Geburten im Jahr, „darunter auch viele normale“, hat sein Haus eine der höchsten Entbindungsquoten in Niedersachsen. Doch um Quantität gehe es ihm nicht, betont der Klinikchef – auch wenn sie eine Voraussetzung für aufwendige Geburtsmedizin sei.

„Mit dem Perinatalzentrum erhöht sich vor allem die Qualität.“ Mühlenstedt öffnet die Tür zum geräumigen Beratungszimmer: „Hier mache ich die genetische Beratung. Gleich nebenan ist das Labor, falls eine Untersuchung nötig ist. Sollten wir beschließen, das Kind auf die Welt zu holen, gehen wir in den Kreissaal direkt über diesem Zimmer.“ Auf kurze Wege legt der Klinikchef Wert. Insbesondere für belastete Risikoschwangere sei das eine große Erleichterung. Die müssen für die unterschiedlichen Untersuchungen nun nicht mehr von einer Einrichtung in die nächste laufen.

Selbst im schlimmsten Fall, wenn das Kindchen auf die Intensivstation muß, ist der Weg nicht weit: Hinter der Neugeborenenstation liegt die neue Abteilung. Dort stehen die kleinen Bettchen, die wie Aquarien aussehen. Über ihnen blinken die Apparaturen. Die und 20 Pflegekräfte sollen rund um die Uhr kostbares Kinderleben retten. „Wir streicheln, massieren und motivieren gemeinsam mit den Eltern. Mit viel Liebe“, sagt Kinderkrankenschwester Maaike.

Dem Raum, in dem Eltern schwere Stunden durchleben werden, sieht man die Krise nicht an. Er ist freundlich hellgelb gestrichen. Die Künstlerinnengruppe „Fabet“ aus Ottersberg hat die Farbgestaltung der neuen Station ausgeklügelt:

„Gelb gibt Kraft“, sagt Annemarie Wiegenhagen. „Diese Farbe mußte also auf Intensiv.“ Der Weg dahin allerdings ist schwer. Deshalb haben die Gestalterinnen den Gang bis zur Stationstür hin von abricot bis violet langsam abfallen lassen. „Violet ist Schmerz. Mit unserer Farbgebung begleiten wir die Frauen – anstatt zu nivellieren.“ Eva Rhode